Die Ärzte auf den Barrikaden

Die Wiener Spitalsärzte stehen vor dem Großen Streik. Am 12.9.2016 soll es losgehen. Über 90% der Mediziner sind für den Streik, das hat eine kürzlich erfolgte interne Umfrage ergeben. Dieses Ergebnis ist ein Misstrauensvotum der Extra-Klasse. Das Management des Wiener Gesundheitswesens ist dadurch massiv unter Druck geraten und selbst der Bürgermeister hat nun Erklärungs- und (Ver-)Handlungsbedarf.

 

Warum der Bürgermeister: Ein Riesenproblem des gemeindeeigenen Wr. Krankenanstaltenverbundes (KAV) ist seine totale Durchdringung mit Parteipolitik. Alles dort ist rot und der KAV wird als sozialistische Erbpacht betrachtet, die letztlich mit absolutistischer Hand aus dem Rathaus heraus regiert wird. Die meisten Schlüsselpositionen im KAV sind daher mit Sozialisten besetzt, die in Abhängigkeit zum Rathaus je nach Situation in Ehrfurcht verharren oder auf Zuruf agieren müssen. Die Stimmung beim roten Dienstgeber "Gemeinde Wien" ist nun angesichts der aufmüpfig gewordenen Ärzteschaft höchst angespannt und der Bürgermeister als oberster Boss schon ziemlich grantig. Die Fronten sind entsprechend verhärtet und es wurde den Ärzten samt und sonders bereits mit dienstrechtlichen Konsequenzen gedroht. 

 

Um was es den Ärzten geht: Die neuen (und unsinnigen) EU-Arbeitszeitrichtlinien für Mediziner sind nun umzusetzen. Eine Reduktion der ärztlichen Arbeitszeit wurde per Brüsseler Weisung zur Pflicht: Mn darf nur mehr 48 Wochenstunden arbeiten. Wien weiß von dieser EU-Verordnung seit vielen Jahren, doch es wurden keinerlei brauchbaren Übergangslösungen eingeführt, sondern man handelte seitens des Dienstgebers erst, als man das musste - also jetzt. Wird das EU-Diktat nicht umgesetzt, werden nämlich Pönalen fällig. Diese Pönalen werden nun quasi in einem übertragenen Sinne an die Ärzte weitergegeben.

 

Was wollen die Ärzte: Sie lehnen die geplanten neuen 12,5-Stunden-Schichtdienste ab, weil es dadurch zu einer Verschlechterung der Patientenbetreuung kommt. Medizin kann man nicht in Schichtarbeitermodellen abhandeln. Unsinnige Portionierungen von ärztlichen Aufgaben ist in den meisten Bereichen schädlich. Die Schichtdienste stören die Kontinuität der Versorgung, ständige Dienstwechsel führen zu Informationsverlusten, die Patienten sehen alle paar Stunden andere Ärzte, die Fehlerquellen nehmen zu. Der Arbeitsrhythmus der Ärzteschaft wird zudem unnötig zergliedert.

Zum Vergleich die USA: Dort sind Arbeitszeiten bis zu 80 Stunden pro Woche erlaubt - einfach, weil Zeit der wichtigste Faktor in der Medizin ist. Die weltweit führenden medizinischen Errungenschaften kommen nicht von ungefähr aus den USA. Aber auch dort wurden vor kurzem  Schichtdienste eingeführt und laut Studien sind diese schlecht für Ärzte und Patienten.

 

Weiters wollen die Ärzte keine Einschränkung der Nachtdienst-"Radeln", weil dies zu massiven Engpässen in der Behandlung der Patienten und zu exzessiven Mehrbelastungen für die Nachtdienst-Ärzte führen wird. Es ist nicht im Sinne der Patienten, wenn in der Nacht plötzlich nur mehr ein Arzt für 100 Bettlägerige zuständig ist. Hier sind von Grund auf neue Überlegungen anzustellen.

 

Die Ärzte wollen überdies nicht, dass sture Kostenreduktionen, die nur zum Kaputtsparen des Systems führen, weiter zu einem erklärten Ziel des Managements gemacht werden. Sie fordern auch ein klares Bekenntnis zur gesicherten Jungärzte-Ausbildung in den Gemeindespitälern und die Entlastung der Spitalsärzte durch tiefgreifende Strukturmaßnahmen (Bürokratieentlastung, Stationssekretäre etc.). Und natürlich wollen sie eine Veränderung im offenbar inkompetenten, weil diskursiv nur auf der harten Linie agierenden KAV Management. Man kann mit Leuten in hoch verantwortungsvollen Berufen nicht so umspringen, hier wurde das notwendige Vertrauen zwischen Führung und Mannschaft bereits zerstört.

 

All diese Forderungen sind legitim: Sie sind im Sinne der Patientenversorgung und natürlich auch im Interesse der bestausgebildeten und am höchsten qualifizierten Berufsgruppe innerhalb des KAV. Warum der KAV derartig auf stur schaltet und den Streik durch verächtliche Stellungnahmen der Generaldirektion eigentlich noch provoziert, kann nur vermutet werden: Schlussendlich geht es natürlich ums Geld, aber vor allem geht es darum, dass die wichtigste Berufsgruppe im Gesundheitswesen offenbar in die Knie gezwungen werden soll. 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Imperator (Sonntag, 11 September 2016 02:26)

    Und den Ärzten geht es auch nur um ihre Prfünde und wohl kaum um ihre Patienten, denn schon jetzt bestehen für ältere Menschen nur noch Geriatriezentren, was ein anderes Wort für Euthanasie durch ausbrennen lassen bedeutet, statt echte nachhaltige Notversorgung.
    Die Rettung kommt bereits ohne Notarzt zu Herzinfarkten oder yPatienten mit dekompensiertem Herz, eine Erststabilisierung findet nicht mehr statt außer man liefert sich Schreiduelle mit völlig unwilligen Grundwehrdienen oder dem Rettungsnotruf, außerdem werden blöde Fragen gestellt wie, ob man wirklich ins Spital gebracht werden möchte, nachdem nan einen Schlaganfall hatte.
    Das sind lauter Schwerkriminelle und Mörder !!!