Junge Wähler für einen alten Präsidenten?

Der Verfassungsausschuss im Parlament gab am 15.9.2016 grünes Licht, die Bundespräsidentenwahl (BP-Wahl) auf den 4.12.2016 zu verschieben. Gleichzeitig soll für diese vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) angeordnete Wahlwiederholung das Wählerverzeichnis aktualisiert werden.

 

46.000 Jung-Wähler kommen auf diese Art hinzu. Das Paket wurde im Ausschuss mehrheitlich von VP, SP, Grünen und Neos beschlossen. Nur das Team Stronach und die FPÖ stimmten laut Parlamentskorrespondenz dagegen. (Der Autor dieser Zeilen, Nationalratsabgeordneter, aber nicht Mitglied im Verfassungsausschuss, ist auch dagegen. Und zwar vehement). Die endgültige Abstimmung über den Wahltermin und das Procedere hinsichtlich der Zulassung neuer Wähler erfolgt im Plenum am 21.9.2016.  Diese dann verbindliche Abstimmung wird nach parlamentarischem Usus aber höchstwahrscheinlich genauso ausfallen wie jene im Ausschuss.

 

Rekapitulieren wir: Die neuerliche Festlegung der Wahlwiederholung ist aus den hinlänglich bekannten "klebetechnischen" Gründen notwendig geworden. Es steht aber nirgends in der Verfassung oder im Spruch des VfGH, dass die Wähler-Evidenz deswegen aktualisiert werden muss und die Jungwähler für die Wiederholung(!) der BP-Wahl zugelassen werden müssen. Denn es ist eben: Eine Wiederholung. Und wer damals nicht wählen durfte, der sollte es jetzt auch nicht dürfen, weil die zu wiederholende BP-Wahl ja sonst ganz klar zu einer Neuwahl wird, indem willkürlich die Bedingungen geändert werden. (Bitte komme mir jetzt keiner mit dem Argument, es wären ja  in der Zwischenzeit auch schon tausende Wähler verstorben- das ist der natürliche Abgang und dieser ist nicht zu beeinflussen, weil schicksalshaft.) 

 

Zu Ende gedacht müsste man also nach der nun aufs Tapet gebrachten verqueren Logik der aktualisierten Wähler-Evidenz überhaupt Neuwahlen anstreben. Das wäre ehrlich und korrekt. Die "Lösung", dass man die BP-Wahl gemäß dem Richterspruch wiederholt, aber dabei neue Wähler zulässt, ist aus meiner demokratiepolitischen Sicht ein manipulatives Worst-Case-Szenario. Um noch deutlicher zu werden: Eigentlich ist das eine skandalöse Situation und einer westlichen Demokratie nicht würdig.  

 

Warum: Erstens ist die BP-Wahl wie gesagt eine Wiederholung. Daher sollten dieselben wahlrechtlichen Bedingungen gelten wie beim ersten Durchgang. Zweitens entsteht jetzt unweigerlich die üble Vermutung, dass die Jungwähler deswegen zugelassen werden sollen, um die Chancen des grünen Kandidaten Van der Bellen zu erhöhen. Man weiß  aus der Wahl-Analysen, dass die Jungen eher grün wählen. Und für die "Lösung" sind genau jene Parteien, aus welchen sich viele Mitglieder bereits als pro VdB geoutet haben (dass da auch "Bürgerliche" dabei sind, wurde hierorts schon mehrfach kritisiert).

 

Das ganze BP-Wahl-Desaster, das uns ohnehin schon zum Gespött in Europa machte, hat jetzt nicht nur einen bananenrepublikanischen Touch, sondern noch einen ganz, ganz intensiven Hautgout bekommen. Man kann nur hoffen, dass im Plenum am 21.9. ein demokratiepolitisches Wunder geschieht und diese miese Geschichte doch noch einen guten Ausgang findet. Und zwar mit einer Abstimmung gegen die Entscheidung des Verfassungsausschusses. 

 

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Günter Koderhold (Freitag, 16 September 2016 03:07)

    Das Vorhaben, mit allen Mitteln eine Änderung der politischen Führung Österreichs zu verhindern, wird zunehmend ungenierter. Nach dem Motto: "was möglich ist, wird versucht", werden neue, zukünftige Wählerschichten importiert (die anschauungsmäßig mit den Systemparteien wenig gemein haben), durch geförderte Medien sozialer Druck aufgebaut und nicht zuletzt die (massiv übertriebenen) Gefahren von Aufständen durch immer rigorosere Entwaffnung der Bürger eingeschränkt. Die Rechnung wird nicht aufgehen, wenn die europäische Cliquen Herrschaft die Unterstützung der USA verlieren - eine Frage der Zeit. Die zunehmende Verarmung Europas bedeutet auch indirekt eine Schwächung der Weltwirtschaft - und die wird mit den europäischen Cliquen leichter fertig als der ins Prekariat gestoßene Wähler.

  • #2

    Elisabeth Hauer (Freitag, 16 September 2016 19:54)

    Der Autor des Artikels hat vorweggenommen, dass der natürliche Abgang der Wähler, nämlich derjenigen die inzwischen verstorben sind, für die Wahll nicht relevant ist. Ich bin deshalb für Neuwahlen, da die neuen Gegebenheiten berücksichtigt werden müssen