Der Präsident als Auslöser der Staatskrise?

"Ich gelobe, dass ich die Verfassung und alle Gesetze der Republik getreulich beobachten und meine Pflicht nach bestem Wissen und Gewissen erfüllen werde." So lautet die Gelöbnisformel des Bundespräsidenten vor der Bundesversammlung (also des gemeinsamen Konvents des National- und Bundesrates). Spricht er diese Formel aus, so ist der gewählte Kandidat danach auch wirklich der Präsident.

 

Die Pflicht des Bundespräsidenten ist es vor allem, das demokratische System zu achten, dem Land als moralische Instanz zu dienen und die Balance zwischen den verschiedenen politischen Bewegungen zu gewährleisten. So steht es auf der offiziellen Website der Präsidentschaftskanzlei zu lesen.  

 

Aber noch eine zweite Passage der Verfassung ist im Zusammenhang mit Angelobungen interessant und wesentlich: "Die Mitglieder der Bundesregierung werden vor Antritt ihres Amtes vom Bundespräsidenten angelobt. Die Beifügung einer religiösen Beteuerung ist zulässig." So lautet der Art. 72 der Bundesverfassung.

 

Es steht in den Verfassungsbestimmungen kein Wort darüber, dass die Bundesversammlung die Angelobung des Bundespräsidenten (BP) verweigern und den Volkswillen auf diese Weise einfach übergehen könnte. Es wäre auch völlig absurd, weil gerade der BP als einziges Bundesorgan direkt-demokratisch gewählt und somit klar vom Souverän bestimmt ist.

 

Die Vorstellung, dass die Bundesversammlung den BP nicht angeloben würde, ist daher noch nie in eine ernsthafte Diskussion geraten. Allerdings: Es ist auch nirgends explizit festgehalten, dass es der Bundesversammlung verboten wäre, dem BP die Angelobung zu verweigern. Geschähe dies jedoch wirklich einmal, wären Tumulte und eine Staatskrise die Folge. Dem Gesetzgeber kam diese Eventualität aber gar nie in den Sinn, denn gewählt ist gewählt und der Wille des Volkes ist die oberste Instanz.

 

Genauso ist nirgends im Verfassungsgesetz ein Passus zu finden, der dem BP die Willkür zusteht, eine durch Mehrheitsbildung demokratisch gewählte Regierung nach Gutdünken einfach nicht anzugeloben, zum Beispiel weil ihm die politische Ausrichtung derselben nicht gefällt. Die Regierung wird übrigens auf Vorschlag des nach der jeweiligen NR-Wahl bestimmten Bundeskanzlers dem BP zur Angelobung vorgestellt. 

 

Der grüne Kandidat Alexander van der Bellen (VdB) hat im laufenden Wahlkampf mehrfach angekündigt: Er als BP würde keine FPÖ-geführte Regierung angeloben. Über diese antidemokratische Willenskundgebung sind in den Medien schon zahlreiche Kommentare geschrieben worden und viele politisch Aktive haben diese Aussage heftig kritisiert. Viele Linke und Grüne finden die Ankündigung allerdings gut, weil sie in deren im Grunde antidemokratisches und daher totalitäres Weltbild passt: Gut und legitim ist nur, was links ist.  

 

Dass die angekündigte Weigerung von VdB unmittelbar zu einer Staatskrise führen würde, ist in den Kommentaren bis jetzt kaum Thema gewesen. Und dass solche Ankündigungen eines BP-Kandidaten daher nicht nur eine Verhöhnung des Wählerwillens sind, sondern auch ein Spiel mit dem Feuer, war bisher ebenfalls kaum Gegenstand von Überlegungen.

 

Jeder ernsthafte Kommentator und natürlich jeder politisch Aktive und Verantwortliche muss sich zeitgerecht und vor der BP-Wahl überlegen, was solche Ansagen bedeuten: Ein Präsident, der eine von den gewählten Parlamentsfraktionen zusammengestellte Regierung nicht angeloben will, ist der Republik einfach nicht zumutbar - er stellt ein Risiko für die ordentliche Regierbarkeit des Staates dar. Wer kann das ernsthaft wollen? Und was sagt es über den Charakter und die Ernsthaftigkeit eines Kandidaten aus, wenn er mit der Auslösung eine Staatskrise kein Problem hat und nur seine eigene Ideologie als Maß aller Dinge sieht?

 

Im Übrigen steht in der Verfassung, dass man einen BP auch wieder absetzen kann. Und zwar ebenso direkt, wie man ihn wählt: Per Volksabstimmung. Das kam in dieser Republik zwar noch nie vor - aber einen BP, der mit der Staatskrise spielt und den Souverän verhöhnt, den wird dieses Schicksal wohl treffen müssen. Am besten ist es daher, er wird erst gar nicht zum BP gewählt.

 

 

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Kommentare: 5
  • #1

    Harald K. (Donnerstag, 22 September 2016 13:19)

    Finden Sie wirklich, dass es für Österreich gut wäre, einen Hr. Strache als Bundeskanzler und Hr. Gudenus als 1. Nationalratspräsidenten zu haben. Es spricht nichts dagegen, so wie in Oberösterreich oder dem Burgenland, eine Rot-Blaue oder Schwarz-Blaue Koalition zu bilden. Aber eine blaue Führung für Österreich könnte zu einer Situation führen, die jener von 1932 ähnelt Obwohl ich auch viele Argumente gegen VdB habe, ist er mir gerade in diesem Punkt mit seiner klaren Haltung wählbar geworden.

  • #2

    Diederich Heßling (Freitag, 23 September 2016 13:36)

    Kommentar zum Kommentar Harald K.

    Ein irrer Gutmensch hat gesprochen! Howgh!

  • #3

    General der Rheinarmee (Freitag, 23 September 2016 15:28)

    Blödheit hat viele Namen......

  • #4

    Stiller Mitleser (Freitag, 23 September 2016 16:46)

    Infantilismus ist leider nicht heilbar.Mein Beileid,Harald K.
    !930 haben wir jetzt schon die längste Zeit.Das verdanken wir Rot Schwarz Grün.

  • #5

    Harald K. (Mittwoch, 28 September 2016 06:30)

    Kommentar zu Kommentaren:
    Aus der Aninymität ist es einfach, andere Menschen zu beleidigen.
    Ich bin weder ein irrer Gutmensch, noch infantil oder blöd.
    Nur weil ich hier eine Meinung vertrete, die offenbar nicht Ihrer Gesinnung entspricht, sind sie nicht berechtigt, sich so negativ und entwürdigend zu äußern.
    Wir können das auch offen diskutieren. Treten Sie vor den Vorhang und treffen wir uns zu einer moderierten Diskussion. Die besseren Argumente sollen gewinnen, nicht die feigen Beschimpfungen aus dem Untergrund.
    Ich glaube, das ist auch die ursprüngliche Absicht des freien Mandatars Dr. Franz in diesem Blog.