In Gleichheit gendern?

 

In Gleichheit gendern?

 

Die mittlerweile in die DNA unserer Gesellschaft eingeschriebene  Gleichheits-Doktrin kann und darf nicht bedeuten, dass es im Leben völlig egal ist, ob man ein Mann oder eine Frau ist. Zu Ende gedacht entsteht aus der Aufhebung der Geschlechtsunterschiede nämlich der Anspruch, biologische Gegebenheiten mittels „sozialer“ Maßnahmen zu neutralisieren. Ein geschlechtsloses Neutrum mit weiblichen und männlichen Attributen wäre dann das Role-Model einer ziemlich merkwürdigen Zukunft.

 

Und dieses Neutrum blinzelt dann auch ein bisschen so, wie Nietzsches letzter Mensch es tat: Der hatte sein Lüstchen für den Tag und eines für die Nacht, er war allem Wesentlichen gegenüber neutral  und insgesamt keine sehr vorbildliche Erscheinung. Wollen wir das? Oder anders gefragt: Welche furchtbar öde und letztlich völlig entsexualisierte Einheitsgesellschaft wird denn damit herbeigewünscht? Wollen wir wirklich, dass lauter Neutra in totaler Wurschtigkeit ihren kleinen Lüstchen nachgehen? Und wie traurig ist diese Vision?

 

Doch nicht genug mit dem Szenario des allgegenwärtigen Neutrums. Zeitgleich zur herbeigesehnten Geschlechts-Egalität durchdringt ein anderes, vollkommen gegensätzliches Phänomen die Medien und den Alltag:  Das Gendern. Die Gender-Bewegung will die Geschlechter durch sprachliche Begrifflichkeiten allgemein erkennbar und eindeutig voneinander unterscheidbar machen. Jedes sprachliche Mittel wird dafür in Kauf genommen: Vom wortverhunzenden Binnen-I bis hin zur unsäglichen Manie, an jedes maskuline Hauptwort ein   –Innen anzuhängen. Dafür kämpfen überaus viele Feministinnen, weil sie sich nach wie vor im gesellschaftlichen Hintertreffen fühlen und meinen, den Frauen ginge es sozial noch immer fast so schlecht wie vor 100 Jahren.

 

Und damit wird es paradox und verwirrend: Hier der akklamierte Wunsch nach geschlechtlicher Wurschtigkeit, dort der vehemente Anspruch, dass das Geschlecht klar und erkennbar  wahrgenommen zu werden hat

 

Ja was denn nun? Was will die Gesellschaft? Gleichheit oder Gendern? Beides nebeneinander zu beklatschen und nach beidem zu streben ist wohl nicht möglich. Die Unmöglichkeit besteht zumindest solange, als wir uns in logischen Begrifflichkeiten bewegen und seriös bleiben wollen. Wenn wir jedoch alles „wurscht“ finden möchten, dann ist es natürlich machbar, einerseits für Egalität zu sein und andererseits  die Geschlechter-Differenz einzufordern. Weils ja wurscht ist, was man fordert – Hauptsache, man fordert.

 

Solange man aber ernstgenommen werden will, kann man nicht den geschlechtlichen Einheitsbrei verlangen und simultan die Sprache so verändern wollen, dass die Geschlechter möglichst gut zu differenzieren sind. Das wird ziemlich bald ziemlich absurd und richtet sich am Ende selbst.

 

Ungeachtet dieser logischen und damit eigentlich selbstlimitierten faktischen Gegebenheiten ist der Gender-Sturm vermutlich noch lange nicht zu Ende. Er bekommt nämlich immer neue Energie aus Ecken, wo man eigentlich den Hauch des Geistes vermuten würde und nicht den gnadenlosen Furor des Geschlechts: Die Rede ist von den Universitäten. 

 

An den deutschsprachigen Unis gibt es mittlerweile 226 Professuren mit der Denomination „Gender Studies/Frauen- und Geschlechterforschung“. Insgesamt genau 10 (in Worten: zehn) von diesen Posten in Deutschland, der Schweiz und Österreich sind mit Männern besetzt. Das sind nicht einmal 5 %. Woher also der raue Gender-Wind weht, geht allein aus diesen Zahlen hervor.

(Quelle: http://bildungsklick.de/pm/92475/fast-doppelt-so-viele-professuren-in-gender-studies-wie-in-altphilologie/ ).

 

Die Genderei ist schon weit in den Alltag eingedrungen. Freilich darf man deswegen nicht aufhören, berechtigte  und notwendige Kritik am Phänomen „Gender-Mainstreaming“ zu äußern. Und man darf auch nicht ablassen von der Kritik an den unsäglichen Widersprüchlichkeiten, die von der Gleichheits-Doktrin in die Massenmedien gespült und dort fleißig solange gedreht und gewendet werden, bis am Ende doch noch irgend ein vermeintlicher  Sinn herauskommt.

 

Traurig ist, dass sich gar nicht so wenige durchaus gebildete Menschen (Pardon, Mensch-Innen) sich vom Gender-Schmäh infizieren haben lassen und diese aktuelle Welle brav mitsurfen. Vielen von ihnen muss man natürlich unterstellen, dass sie sehr wohl um die Unsinnigkeiten des widersprüchlichen Gender- und Gleichheitswahns Bescheid wissen, aber persönliche Vorteile für ihre jeweilige Lobby sehen, wenn sie sich vor den gegenderten Gleichheits-Karren spannen (lassen). Soll sein, jede(r) versucht halt, seine/ihre Interessen im Leben so gut wie möglich durchzusetzen.

 

Wenn uns allerdings von offiziellen Stellen eingeredet wird, dass das alles im Namen der Menschenrechte und der Toleranz geschieht und die Kritiker des Genderismus und der Gleichheits-Manie ja doch nur reaktionäre Spießer und verstaubte Konservative wären, dann wird die Sache heikel. Denn auf diese Weise wird versucht, über Totschlag-Argumente neue Ordnungen herzustellen, die sicher nichts mit einer Umsetzung von Menschenrechten zu tun haben.

 

Zweifellos stehen wir insgesamt neuerlich vor dem Nietzsche-Theorem der „Umwertung aller Werte“. Durch das geschlechtsorientierte Gendern und die simultan dazu ventilierten Geichheitsproklamationen sowie die Forderungen nach Aufhebung der „sozial erzeugten“ Geschlechter soll der absoluten Beliebigkeit Platz gemacht werden.

 

Erlaubt ist, was gefällt und benützt wird, was nützt. Man ist frei von den Gegebenheiten und frei von allen Pflichten, dafür aber zu allem berechtigt. Verantwortlich ist nur der Staat, der dies alles fördert und zulässt. Letztlich führen uns die geschlechtslose Geschlechterbetonung und die so dringlich herbeigesehnte Gleichförmigkeit in eine neue Spielart der wohlbekannten Gleichheits-Ideologie namens „Realer Sozialismus“. Den hatten wir schon einmal. Und es ist wie immer in der Geschichte: Zuerst kommt ein Ereignis als Tragödie, zum zweiten Mal kommt es als Farce.

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Anti-Ideologe (Donnerstag, 16 Juni 2016 16:34)

    Ich beschäftige mich schon eine Zeit lang mit dem Thema und bin mittlerweile der Ansicht, dass es eigentlich gar nicht ums Gendern geht, sondern eine viel tiefgreifendere Entwicklung dahintersteckt.
    Nämlich der Feminismus bzw. um genauer zu differenzieren der "3rd Wave Feminismus"
    Denn hinter diesem steckt das ideologische Produkt marxistischer Intellektuellen, welche seit Jahrzehnten über Medien und Kultur Einfluss auf die Gesellschaft nehmen.

    Wenn man sich anhört was vor allem amerikanische, anti-feministische Universitärsprofessoren wie zB Janice Fiamengo sagen, wird schnell klar, auf welch intellektueller und wissenschaftlicher Unehrlichkeit der heutige Feminismus aufbaut.

    Gendern ist in der Hinsicht eine Trivialität, problematischer wird es, wenn zb der Mythos des Gender Pay Gaps weiterverbreitet wird und die Geschlechter gegeneinander ausspielt.

    In der USA ist man in der Hinsicht viel weiter als im deutschsprachigen Raum, wo man sich auf Nebensächlichkeiten wie Gendern oder Frühsexualisierung(die ich für bisschen hochgespielt halte) geht.