Asylrechtsverschärfung: Ja oder Nein?

Caritas, Diakonie, Rotes Kreuz, Amnesty International, Samariterbund und Volkshilfe (also die führenden NGOs Österreichs) haben am 15. April des Jahres allen Nationalrats-Abgeordneten einen Brief geschrieben, in dem sie  das eindringliche Ersuchen äußern,  keinesfalls den geplanten Verschärfungen im Asylrecht zuzustimmen.

 

Die Begründung und die Motivation  des Schreibens: Die Neuerungen würden aus Sicht der NGOs elementare Grundrechte gefährden und das Asylrecht aushebeln. 

 

Als Abgeordneter macht man sich natürlich Gedanken, wenn Hilfsorganisationen ihre Sorge über Gesetzesänderungen an das Parlament herantragen. Und freilich ist es das Recht und die Pflicht von helfenden Institutionen, neue Gesetze rein aus der Warte des Hilfeleistenden zu betrachten. Generell darf ich an dieser Stelle auch meine Hochachtung für den unermüdlichen Einsatz der NGOs zum Ausdruck bringen.

 

Jeder Angehörige des Nationalrats muss aber immer und ganz konkret das Wohl Österreichs als höchstes Gut im Auge behalten und alles tun, um es zu schützen. Das hat jede(r) gelobt. Es ist somit auch die höchste Pflicht aller Parlamentarier, jeden neuen Gesetzesvorschlag im Lichte dieser obersten Prämisse zuerst abzuwägen, ihm dann zuzustimmen oder abzulehnen. Die dafür notwendige Gewissensfreiheit zur persönlichen Entscheidung wird durch das freie Mandat ermöglicht - genau diese wird übrigens in besagtem Brief der NGOs auch klar angesprochen.

 

Gleich vorweg - ich werde dem neuen Gesetzt zustimmen. 

Warum, begründe ich im Folgenden.

 

Erstens:

Das Auftauchen von "Schutzbedürftigen" ist die eine Sache. Wie man mit ihnen umgehen soll, die andere. Und da gibt es nicht nur die Samariter-Option und die Verpflichtung zur Hilfe, sondern vor allem auch viele Fragen, die den ungefährdeten Bestand der Strukturen Österreichs und überhaupt auch die Sicherheit des Landes betreffen. Wir müssen als Parlamentarier die besten Lösungen finden, wenn es in dieser Problematik um das Tätigwerden des Staates geht und wir müssen festlegen, wie weit das Ausmaß der Hilfe für Personen gehen soll, die keine österreichischen Staatsbürger sind und auf unser Terrain wollen.

 

Auf der Staatsebene, in der Sphäre der parlamentarischen Gesetzgebung sowie auf Seiten der Exekutive ist daher jedenfalls zu fragen und argumentativ klarzustellen:

  • Welche übergeordneten Rechtsregeln sind anzuerkennen?
  • Welchen Raum lassen Genfer Flüchtlingskonvention und internationale Vereinbarungen offen?
  • Welche Zutrittsmöglichkeiten auf das Staatsgebiet sind überhaupt gewährleistet? (Das Schließen der "Grünen Grenzen" ist per se keine asylwidrige Maßnahme, solange - wo auch immer- regulärer Zutritt in Anspruch genommen werden kann)
  • Wer ist also qualifiziert, die Grenze zu überschreiten?
  • Was wird als Nachweis für Schutzbedürftigkeit akzeptiert?
  • Welche begrifflichen  Klarstellungen für den mit Sicherheit pauschal falsch gebrauchten Terminus "Flüchtlinge" sind notwendig?
  • Wie ist mit Missbrauch umzugehen?
  • Wie finden wir schnell und sicher jene heraus, die nicht aufgrund persönlicher Bedrohung/Gefährdung, sondern aus anderen Gründen ihre Heimat verlassen haben?
  • Wie definieren wir zukünftig bessere, rascher umsetzbare und genauere Kriterien der Abschiebung/Rückführung? 
  • Wie lange soll der gegebenenfalls zuerkannte Asyl-Status wirksam sein?
  • Welche Versorgung (i.S. monetärer Zuwendungen oder Sachleistungen) ist von Staats wegen notwendig und was ist an Ort und Stelle zu gewähren, welche in der Folge?
  • Braucht es Abstufungen aufgrund von Verhaltens-Abweichungen der Ankömmlinge?
  • Welche Organisationen (z.B. NGOs)  werden an Seiten des Staates zu wohlwollender Intervention zugelassen?

Daraus ergibt sich ein Raster von Kriterien, deren Anwendung in Summe kalt und technokratisch erscheinen mag, aber so (und nur so) funktioniert Recht ganz grundsätzlich. Kautelen für besonders berücksichtigungswürdige Umstände lassen sich noch immer und jederzeit einbauen, können aber nicht das tragende Rüstzeug im Sinne einer  quasi staatsrechtlich verfügten und unbegrenzten "Barmherzigkeit" sein.

 

Zweitens:

Es wird immer wieder mit den ominösen 90.000 argumentiert - so als ob daraus irgend ein Sollen pro futuro abzuleiten wäre. Das ist es nicht - und wenn ja, dann doch nur Folgendes: Regierung und Parlament müssen sich im Hinblick auf die Abwehr des heran dräuenden Notstandes schon jetzt etwas einfallen lassen, wie man sich auf einen solchen Ansturm einzustellen hat. Dass er in überproportionalem Maße unser Land treffen soll (einmal von der sozialen und finanziellen Verkraftbarkeit ganz abgesehen), das kann auf keinen Fall hingenommen werden. Eine Abschirmung des Staates im Rahmen des Internationalen Flüchtlings-Regimes ist daher nicht nur das Recht, sondern nachgerade die Pflicht einer jeden Regierung. (Überdies kann nur mit drastischen Maßnahmen  die vielberufene Staatengemeinschaft wachgerüttelt werden, andernfalls sie sich doch sonst nur einmal mehr schaulustig, aber sonst tatenlos zurücklehnte.)

 

Drittens:

Jedem hier auftauchenden Flüchtlings-Fall korrespondiert eo ipso ein Unrechtsfall im Herkunfts-("Heimat"-)Land. Wenn sich diese Vorgänge nun in so massiver Weise häufen wie das bis zur mazedonischen Grenzschließung der Fall war, dann spiegelt das Flüchtlings-Schicksal hier jedenfalls ein dauerhaftes politisches Versagen dort wider. Und das kann nicht einfach weggeblendet werden, indem man bei uns nur auf "Barmherzigkeit" abstellt. Derartige, nun schon geradezu weltpolitische Missstände machen das ganze geltende Flüchtlings-Regime doch eigentlich zu einer an Zynismus kaum zu überbietenden Farce. Freilich ist das erst erkennbar, wenn man sich die Mühe nimmt und die gesamte Situation logisch und ehrlich zu Ende denkt.

 

Dass die ursprünglichen Intentionen schon von der Wurzel an nicht (mehr) stimmen, liegt auf der Hand:

Es kann nicht sein, dass die Unrechts-Regierungen anderswo unsere eigenen Möglichkeiten ungeniert und frech ausnützen. Es ist nicht hinzunehmen, dass sie wie selbstverständlich die Souveränitätsrechte anderer Staaten ad absurdum führen und dass sie schließlich den mittlerweile riesenhaften Missbrauchs-Kartellen fleißig Vorschub leisten.

 

Demgemäß ist eine auf weniger generöse Standards gradierte Fürsorge auch unter diesem Gesichtspunkt legitim. Dem Recht auf "Asyl" muss bei massenhaftem Auftreten der betreffenden Ereignisse ja eine Pflicht zur Bleibe im eigenen Land und zum Einsatz für Recht und Ordnung ebendort gegenüberstehen. Auch das kann und darf man nicht ausblenden. Vor allem, weil ja die Mehrzahl der Ankömmlinge junge, gesunde Männer sind, die (bei allem Verständnis für deren möglicherweise schrecklichen individuellen Erfahrungen) auch andere, wahrscheinlich weitaus schutzbedürftigere Landsleute zurücklassen. Jede Einladungsgeste und jede von Staats wegen eingerichtete Barmherzigkeit gefährdet daher im Grunde genau diejenigen, die nicht den Exodus ins Gelobte Europa antreten können. 

 

Und schließlich gefährdet jede zu großzügige Migrations- und Asylpolitik auch genau jenen Staat, der solch eine Politik verfolgt. Nach eingehender Prüfung des eigenen Gewissens und nach Sichtung der bisher bekannten Fakten bleibt jedem für Österreich denkenden Abgeordneten daher nur die volle Zustimmung zur Asylrechts-Novelle.

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Philip Preussen (Samstag, 23 April 2016 13:21)

    Sie haben sich viele und tief gehende Gedanken gemacht, und ich stimme ihnen voll zu! Mögen sich die oberflächlichen Kritiker doch auch so eingehend mit der Materie beschäftigen, statt nur auf der Mitleidswelle zu schwimmen. Danke! Und weiterhin Mut!