Das Wahl-Arzt-Rezept

Heute steht wieder einmal die Mutter aller Wahlschlachten am Programm. Die Welt blickt gebannt und aufgeregt nach Amerika, denn die USA wählen ihren Präsidenten. (Vermutlich haben Sie das schon gewusst, aber lesen Sie bitte trotzdem weiter. Es wird gleich interessanter).

 

Also, die USA wählen Ihren Präsidenten. Obwohl - sagen wir lieber: Etwa die Hälfte der 200 Millionen eingetragenen Wahlberechtigten wählt den Präsidenten. Die Wahlbeteiligung liegt traditionell bei etwa 50%. Den anderen ist es ziemlich egal, wer es wird. Oder diese anderen bleiben aus Protest den Wahl-Urnen fern. Wer die neue Spitze im Weissen Haus wird, das bestimmt also nicht einmal ein Drittel der knapp 320 Millionen US-Amerikaner. Auch so geht Demokratie. Details über das komplizierte System der Wahlmänner ersparen wir uns jetzt, wahlentscheidend werden jedenfalls nur die Ergebnisse in den sogenannten Swing-States. Das sind insgesamt 12 Bundesstaaten, in denen keine Tendenz für einen der beiden Kandidaten feststeht.

 

Obwohl wir hier in Österreich natürlich wie immer die weltweit wichtigsten und maßgeblichsten Zeitungs- und Polit-Kommentare zu Trump und Clinton abgegeben haben und wir jetzt auf deren entscheidenden Einfluss "drüben" hoffen, können wir in unserem ebenfalls wahlkämpferisch geplagten Land nichts anderes mehr tun als gespannt abzuwarten. Deswegen stellt Ihnen Ihr Wahl-Arzt (also der Autor dieser Zeilen) ein Rezept für den heutigen Tag aus - damit er aushaltbar bleibe und Ihre Spannung erträglich.

 

Recipe:

  • Einen Reserve-Akku für das Smartphone, falls Sie kein TV-Gerät zur Verfügung haben und Sie unterwegs sind. Ab Mitternacht ist mit brauchbaren Hochrechnungen zu rechnen, da muss dann genug Saft im Handy sein.
  • Ein Plastiksackerl zum ruhigen Hineinatmen, falls Sie hyperventilieren sollten, weil Ihr(e) Wunschkandidat(in) nicht gewinnt. Vergessen Sie aber nicht, die ausgeatmete Luft wieder zu inhalieren, sonst wirkt das Sackerl nicht und Sie bekommen tetanische Krämpfe.
  • Eine Flasche Champagner, falls Ihr(e) Wunschkandidat(in) siegt. Falls nicht, können Sie die Flasche trotzdem öffnen und trinken - als Trost. Sparen Sie also nicht beim Einkauf, sonst bekommen Sie einen Nachwahl-Kopfschmerz, an dem sicher nicht  der/die neue Präsident(in) schuld ist.

 

Auch ein Verhaltensrezept darf ich Ihnen ausstellen:

  • Outen Sie sich nicht als Trump-Anhänger, wenn Sie es nicht schon getan haben. Am Wahltag zahlt sich das nicht mehr aus. Schonen Sie sich, Ihre Familie und Ihren Freundeskreis mit Pro-Trump-Aussagen. Österreich ist eh schon so zerrissen durch die vielzitierte Präsidentenwahl-Spaltung (nein, nicht durch die Wahl drüben. Wegen der bei uns!). Tragen Sie jetzt bitte zur Harmonie bei!
  • Outen Sie sich nicht als Hillary-Fan, wenn Sie es nicht schon getan haben. Am Wahltag zahlt sich das nicht mehr aus. Schonen Sie sich, Ihre Familie und Ihren Freundeskreis mit Pro-Hillary-Aussagen. Wie gesagt: Österreich ist schon zerrissen genug durch die Präsidentenwahl-Spaltung. 
  • Reden Sie heute auf alle Fälle viel über Demokraten und Republikaner, bei US-Wahlen ist Ihr Wissen immer gefragt. Lassen Sie aber Bill Clintons Zigarre aus, das wird sonst zu schlüpfrig.
  • Freuen Sie sich, wenn Ihr(e) Kandidat(in) gewinnt und sagen Sie: "Ich habe es immer schon gesagt, er/sie wird gewinnen - und seht nur, ich hatte recht!"
  • Jubeln Sie auch, wenn Ihr(e) Kandidat(in) nicht gewinnt und behaupten Sie: "Ich habe es immer schon gesagt, er/sie wird gewinnen - und seht nur, ich hatte recht!" (Es wird Ihnen niemand nachweisen können oder wollen, dass Sie flunkern, wozu auch - und Sie gehören in jedem Fall zu den Siegern.)
  • Nehmen Sie den Ausgang der US-Wahl keinesfalls als Vorzeichen für die Bundespräsidenten-Wahl bei uns. Wir Österreicher entscheiden frei und völlig unbeeinflusst von irgendeiner Deutungsmacht. Da könnte ja sonst ein jeder kommen.
  • Sollten Sie aber gefühlsmäßig nicht umhin können, die US-Wahl als Vorzeichen für Österreich zu deuten, dann ist es auch ein Vorzeichen, soviel ist sicher. Wir müssen dieses Omen dann nur richtig interpretieren: Es weist eindeutig darauf hin, dass Sie am 4.12. in jedem Falle Norbert Hofer wählen sollten.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0