Die Legitimation der Wertung

Durch die linksideologische Verwässerung nahezu der gesamten westlichen Geisteswelt, in der heute die Gleichmacherei und das Gleichheitsprinzip  die Leitbilder darstellen, ist der intellektuell redliche Diskurs zur Ausnahme-Erscheinung geworden. Unter dem Signum der Toleranz haben wir uns selber Maulkörbe umgehängt, die uns klare oder gar harte Aussagen fast unmöglich machen.

 

Das erkennbare Epiphänomen dieser unseligen Entwicklung ist die Political Correctness, die wie ein allgegenwärtiger Knebel die öffentlichen Räume durchzieht. Diese Weichspülung der offiziellen Debatte ist von moralisierenden Euphemismen und bereits unerträglich gewordenen Schönrednereien gekennzeichnet. 

 

Wer heute eine klare Wertung über gesellschaftliche Verhältnisse, politische Richtungen, andere Religionen, Länder, Kulturen oder Haltungen von sich gibt, gerät daher schnell in den Verdacht, faschistoide Gedanken zu hegen, ein heimlicher Rassist zu sein oder dem Übermenschentum zu huldigen. Dabei ist alles, was uns als Menschen und Individuen ausmacht, Wertung, Auswahl und Kategorien-Erstellung.

 

Bereits ganz banale und alltägliche Dinge wie die Wahl der Wohngegend, des Urlaubslandes oder die Wahl des Lieblingsrestaurants sind klare Wertungen. Was wir gerne oder nicht gerne essen, wie wir uns kleiden, wo wir einkaufen und wo wir das gezielt nicht tun, das alles wird durch Wertungen gesteuert. Diese Liste wäre beliebig lange fortzusetzen und es kommt am Ende immer heraus, dass wir durch Wahl und Auswahl in unserem Leben ununterbrochen Wertungen setzen.

 

Das tun wir natürlich auch in der Auswahl unserer Freunde: Wir fühlen uns zu bestimmten Menschen aus bestimmten Gründen hingezogen und richten unser soziales Leben an ihnen aus. Mit anderen Leuten wiederum würden wir nicht einmal auf einen Kaffee gehen. Ganz enorm stark und prägnant fallen Wertungen im zwischenmenschlichen Bereich aus. Trotz einer Unzahl von Möglichkeiten entscheiden wir uns irgendwann für einen Menschen, mit dem wir zusammenleben oder ihn heiraten möchten. Damit schließen wir natürlich unzählige andere Frauen oder Männer aus, die wir ebenfalls lieben könnten. Die Liebe zwischen Mann und Frau ist eine der klarsten und exklusivsten Wertungen überhaupt. Experimente, die diese Art von monogamer Wertung auflösen wollten, sind grandios gescheitert: Die linke Idee von der freien Liebe ist längst Geschichte. Und die Partnerwahl stellt immer einen unikalen Sonderfall von Diskriminierung aller anderen dar.

 

Wir leben also ständig und überall mit und in Wertungen, anders geht es auch gar nicht. Und doch hören wir seit Jahren die Botschaft von der Gleichheit und von der Toleranz. Täglich wurde uns eingetrichtert, man dürfe andere nicht werten und schon gar keine abfälligen Meinungen über andere Kulturen oder Länder haben oder diese gar äußern. Diese Attitüde wurde uns als kultureller Fortschritt verkauft, der angeblich friedenssichernd wirken sollte und das Verhältnis zwischen den Menschen und Kulturen bessern würde.

 

Das war und ist mit Verlaub gesagt Unsinn, weil das Botschaften sind, die wider die natürlichen Bedürfnisse und die Notwendigkeiten des Menschen gerichtet sind. Menschen wollen und brauchen Abgrenzungen (ja, auch das sind Wertungen), sie brauchen Eigenräume und erkennbare Identitäten. Menschen wollen werten und sie wollen wählen. Sie müssen es sogar, denn sonst gehen sie in einem ungenießbaren Einheitsbrei unter, in dem das unausgesprochene Ressentiment die Atmosphäre vergiftet. Was man nicht sagen darf, das wird zum Toxin der Gesellschaft. Eine durch Verordnung wertungsfreie Gesellschaft endet  als Orwell`sche Animal Farm, wo sich am Ende die Schweine zur Herrschaft aufschwingen. Fazit: Gleichheitsdoktrinen gehen immer schief.

 

Und nun geschah das Unerhörte: in den USA wurde ein Mann zum Präsidenten gewählt, der im Wahlkampf klare Wertungen aussprach und sich so zum Feindbild der linken Gleichheitsschickeria machte. Freilich kann man über seinen Stil und die Art seiner Kommunikation diskutieren, aber er hat mit seinem Furor den lähmenden Mehltau der Political Correctness kräftig verblasen. Damit hat er für uns alle eine Option eröffnet: Wir können uns jetzt endlich offen darüber unterhalten, wie wir zu einem qualitativ besseren politischen Diskurs finden, in welchem wir den natürlichen Bedürfnissen der Bürger wieder jenen Raum geben, der ihnen zusteht.

 

 

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 3
  • #1

    Josef Hueber (Samstag, 12 November 2016 08:48)

    Wertungen sind zudem auch entlarvend. Mehr als den Bewertern oft lieb ist. Die Diffamierung demokratischer Entscheidungen ( Brexit, Trump) durch einen deutlichen Großteil der Medien offenbart die anti-demokratische Gesinnung deren Vertreter, ungeachtet ihres Schein-Engaments für demokratische Werte. Schizophrenie und Scheinheiligkeit : eine unauflösliche Verbindung, wie sich immer wieder herausstellt.

  • #2

    AndreasKandler@t-online.de (Samstag, 12 November 2016 16:56)

    Sehr geehrter Herr Dr. Franz,
    soeben habe ich Ihren Beitrag zur Poltical correctness gelesen und stimme Ihnen zutiefst zu. Meine Frau ist ebenfalls Ärztin unde ich schreibe Ihnen aus Freiberg bei Dresden.
    Einen Hinweis zur aktuellen Flüchtlingspolitik habe ich parat:
    Leider verwechseln die Kirchen und viele Christen die Begriffe Barmherzigkeit und Nächstenliebe. Mein Nächster kann nur der sein, der erkiennbar meinen (geistigen) Weg mit mir gehen will, wenn ich dem Guten zustrebe und ich das Gute (Wahre) erkannt habe. Damit verringert sich die Zahl der Nächsten dramatisch.
    Lesen Sie bitt mal den 2. Brief des Johannes, Vers 7-11. Dort steht geschrieben, wie wir uns zu denen verhalten sollen, die Christus nicht als Gottes Sohn anerkennen wollen. Mehr ist nichts zu sagen, als daß die "Pfaffen" dies wohl nicht gelesen haben oder nicht wahr haben wollen.
    Viele liebe Grüße aus Freiberg und einen baldig schönen Advent

    Andreas Kandler

  • #3

    helmut-1 (Sonntag, 13 November 2016 13:19)

    Wieder einer von den Beiträgen, die einem Kommentator wie mir nicht entgegenkommen.
    Warum: Es stimmt jedes Wort, ist haarscharf und treffend formuliert, - da braucht man nichts hinzufügen oder ergänzen. Trifft, wie man so schön sagt, den sprichwörtlichen Nagel auf den Kopf.

    Allenfalls ergänzend:

    War mal eine Zeit in Mode, die antiautoritäre Erziehung. Ein Kind, dem man keine Grenzen und keine Wertigkeiten aufzeigt, das ist ein armes Kind. Es lernt nicht beizeit, sich auf bestehende Verhältnisse einzustellen. Abgesehen, welchen Terror die Eltern dabei durchleben müssen, wenn sie das konsequent durchziehen, - das Kind wird aufgrund seiner Fehlentwicklung als Erwachsener kaum in eine Lage kommen, die man sich als Eltern wünscht.

    Dazu kommt das Element der christliche Früherziehung. Bleiben wir Realisten. Wenn das Kind getauft wurde, dann in der Schule den Religionsunterricht durchlebt hat (gibts das heute überhaupt noch?), dann zur Kommunion oder zur Konfirmierung ansteht, wid es letztlich im Erwachsenenalter selbst entscheiden, ob es dieser Vorgabe noch etwas abgewinnen kann oder nicht.

    Vieles, was sich heute in den christlichen Herarchien (damit meine ich die politischen Strukturen) so abspielt, kann einem überzeugten Christen, gemäß der Prinzipien der Wurzel, nicht geheuer sein. Ich diskutiere viel, vestehe auch die Leute, die sich dann von der Institution "Kirche" abwenden. Dabei muss ich auch bekennen, - wahrheitsgemäß - dass auch ich als bekennender Christ aus dem Mitgliederklub ausgetreten bin, - ais politischen Gründen. Meinen Obulus, der traditionell fällig ist, der geht dorthin, wo er sinnvoll verwendet wird. Ich bin also nicht ausgetreten, um Geld zu sparen.

    Worauf will ich hinaus:
    Versuch mal, einem 2- oder 3- jährigen Kind mit ethnischen Begründungen klarzumachen, warum man das besser so und nicht so macht. Ich habe bei meinen Kindern immer die christliche Lehre dazu verwendet,- und es war wesentlich einfacher, als irgendwelche andere Argumente hier anzusetzen. Die Unterscheidung zwischen "Gut und Böse" , das geht wesentlich einfacher und vor allem für ein Kind transparenter durch das Christentum.

    Um bei dem Hauptbeitrag zu bleiben: Werte aufzuzeigen, das heisst auch Grenzen aufzuzeigen. Werte bestehen nun mal aus Begrenzungen, und umgekehrt sind Grenzen nun mal auch Werte. Es gibt keine unbegrenzten Werte.

    Hier wird manchmal der Fehler begangen, das Wort "Grenze" nur noch territorial zu sehen. Das ist falsch. Grenzen gibt es überall, vor allem bei der Psychologie, bei der Erziehung, bei ethnischen Aspekten, überhaupt bei der spezifischen und persönlichen Lebensweise.

    Zum Abschluss, zum letzten Absatz:
    "Damit hat er für uns alle eine Option eröffnet: Wir können uns jetzt endlich offen darüber unterhalten, wie wir zu einem qualitativ besseren politischen Diskurs finden, in welchem wir den natürlichen Bedürfnissen der Bürger wieder jenen Raum geben, der ihnen zusteht."

    Eine Utopie, wie ich meine. Bis das soweit kommt, da müssen die Leute wieder lernen, mit 600 € pro Monat auszukommen, da müssen die Leute wieder durch die äußeren Lebensbedingungen dazu gezwungen werden, sich an ihren Wurzeln zu orientieren. Bis das soweit ist, da benötigt man entweder einen neuen Krieg (Gott behüte), oder einen gravierenden Einschnitt in unser sozialpolitisches System.

    Noch haben wir nicht die Phase erreicht, wo die Leute zu denken beginnen, zumindest nicht die Mehrheit.