Wie soll der ORF informieren?

 

Der gesetzliche Kernauftrag des ORF ist im Paragraf 4 des ORF-Gesetzes recht genau definiert. Dort steht geschrieben, wofür der ORF zuständig ist, was er tun soll und was er tun darf. Zu seinen wesentlichsten Aufgaben gehört die umfassende Information der Allgemeinheit über alle wichtigen politischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und sportlichen Fragen.

 

Ausgewogenheit ist gefragt

Immer wieder stößt man im Gesetzestext auf die Worte angemessen, ausgewogen und ähnliches mehr. Der ORF ist dazu da, Bürgern korrekte und objektive Informationen zu vermitteln, Kulturangebote bereitzustellen und auch Unterhaltung zu bieten. Die Meinungsbildung gehört laut Gesetz nicht zu den Aufgaben des ORF.

 

Verordnete Meinungsmache wäre verquer

Es wäre ja auch absurd und gegen die Demokratie, wenn ein öffentlich-rechtlicher Sender, der zwar politisch unabhängig sein soll, aber klarerweise unter der Einflusssphäre der jeweiligen Regierung steht, Meinungsbildung betreiben sollte. Gäbe es diese Möglichkeit offiziell, so würde der Bock erst recht zum Gärtner gemacht werden. Meinungsbildung gehört ganz klar in die Politik, dafür ist sie da und dort soll sie erkenntlich erfolgen. Und natürlich gehört sie in die privaten Medien. Aber sie gehört nicht in ein "unabhängiges Staatsmedium".

 

Verlässlich gegen Fake News

Staatsmedien sollten auch ein Bollwerk gegen Fake News sein. Jeder öffentliche Rundfunk hat diese hehren Ziele, egal ob der ORF bei uns in Österreich oder die ARD in Deutschland oder der BBC in England - die höchste Aufgabe dieser demokratischen Staatsmedien ist die unvoreingenommene Reportage und die glasklare Information. Diese Verpflichtung sollte ernst genommen werden, jedoch gibt es hier leider systembedingt beträchtliche Mankos.

 

Die politische Nähe macht anfällig

Denn jetzt kommt ein großes Aber: Nichts ist anfälliger für Manipulationen als ein Medium - vor allem, wenn es große Reichweite hat und im politischen Umfeld zuhause ist. Gerade bei Staatsmedien ist somit die zumindest sublime Ein- und Zugriffslust der politischen Klasse immer da. Jeder politisch Aktive möchte in den Staatsmedien naturgemäß nur die beste Presse oder nur bestimmte Inhalte lancieren, jeder gute und seriöse Journalist will dort nur die beste Geschichte oder nur über ein spezielles Thema berichten.

 

Unauflösliche Umarmung?

Beide Gruppen, Politiker und Journalisten, sind voneinander abhängig und stets in inniger Umarmung verbunden, weil sie sich brauchen, selbst wenn sie sich hassen. Aus dieser "Verhaberung" der Politik mit den Medien hat sich ein neuer Typus von Journalisten herauskristallisiert: Der Infotainment-Spezialist und der Meinungsreporter.

 

Der Moderator als Showmaster und Konkurrent

Infotainment-Verkäufer glauben, sie können aus ihrer Nachrichtensendung eine News-Show machen, bei der man Politiker oder Promis zunächst dem Publikum zur Vorstellung vorführt, dann die Gäste regelrecht vorführt und schließlich, versehen mit süffisanten Äußerungen, diese irgendwo nach vor führt. Ziel ist immer: Der Moderator muss über den bösen Polit-Gast siegen. Nur dann war es gutes Infotainment. Der Infotainment-Klassiker ist die "Zeit im Bild 2".

 

Die Idee geht nicht mehr auf

Doch mittlerweile holpert dieses Konzept. Der Zuseher wendet sich ab, weil der Hausverstand ihm längst sagt, dieses Format ist nicht (mehr) OK. In einem öffentlich-rechtlichen Medium hat nämlich so etwas in Wirklichkeit keinen Platz. Abgesehen von ein paar Voyeuren, die immer Blut sehen wollen, interessiert dieser Stil deutlich weniger als früher. Viel interessanter wäre für das Publikum die echte und gehaltvolle Information in einem seriösen Interview, das durchaus bohrend und hart sein soll, aber weder ironisches noch sarkastisches oder gar abwertendes Beiwerk mit sich führt.

 

Keiner ist ein Robert Hochner

Niemand ist wirklich neugierig, welches müde, immer gleiche Scherzchen sich der Moderator A zu ausdenkt oder welches Bonmot der Moderatorin B zum Politiker C einfällt. Der letzte, der das in einem zuträglichen, weil immer wohldosierten Maße beherrschte, war der leider so früh verstorbene ZiB-Anchorman Robert Hochner. Keiner seiner Epigonen reichte bisher an den Meister auch nur annähernd heran. Die ohnehin schon altgewordenen Schüler sollten es also nun sein lassen und zur echten Reportage und zum klassischen Interview zurückkehren.

 

Die Meinungsjournalisten

Die zweite Gattung an neuen Typen in den öffentlich-rechtlichen Medien besteht aus den Meinungsreportern. Das sind jene Journalisten, die aus Idealismus und auf Basis ihrer persönlichen Weltanschauung  politische Berichte so gestalten, wie sie gerne die Realität haben möchten.

 

Verquickung mit der Macht

Sie arbeiten nolens volens oft mit den politischen Machthabern zusammen, besonders wenn es um linksideologische Inhalte geht. Man muss dazu wissen, dass der überwiegende Anteil aller Medienleute dem linken Spektrum angehört. Darüber gibt es eine gute deutsche Studie der Freien Universität Berlin, die wohl 1:1 auch auf Österreich umzulegen ist. Daher finden die meisten Meinungsreporter gar nichts dabei, wenn sie ihre weltanschaulichen Genossen in der offiziellen Bildgebung ein wenig unterstützen. Wir haben im Rahmen der Migrationskrise zahlreiche Beispiele dieser an sich völlig illegitimen journalistischen Handlungsweisen erlebt.

 

Was lernen wir daraus?

Zwei Dinge sollten unsere Journalisten, die eine wichtige Rolle im öffentlich-rechtlichen Leben innehaben und demzufolge eine große Verantwortung tragen, wieder lernen oder, besser, wieder ausüben: Erstens, keiner von ihnen ist Robert Hochner. Also sollten sie auch nicht versuchen, wie Robert Hochner zu sein, sondern einfach seriöse Reporter.

 

Zweitens: Schaffen wir bitte den manipulativen Meinungsjournalismus ab, dieser schadet dem ORF, der gesamten Branche und dem Status des Berufs. Und wenn Journalisten als Bürger ideologische oder tendenziöse Inhalte bringen wollen, dann sollten sie den Mut haben, in die Politik zu gehen und dort politische Haltung zu bekennen. Auf gut dotierten und sicheren ORF-Posten  aus dem Hintergrund die Politik kommentieren und vor allem beeinflussen zu wollen oder ihr auf Zuruf gewünschte Beiträge zu liefern, ist nämlich kein Zeichen von Souveränität und Klasse, sondern eher eine Sumpfblüte der Meinungsfreiheit.

 

 

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Kommentare: 13
  • #1

    michaelcollins (Mittwoch, 07 Juni 2017 10:26)

    Das Grundübel sowohl bei Politik als auch bei Medien ist, der Bürger ist ihnen vollkommen egal.

  • #2

    Martin H. (Mittwoch, 07 Juni 2017 13:15)

    Wie soll der ORF informieren? Eigentlich gar nicht mehr. Infos bekomme ich im Internet schneller und ausführlicher. Nebenbei spare ich mir den Anblick der Politfressen.
    Einfach die GIS abschaffen und die ORF Finanzierung einstellen, dann löst sich das Problem von selbst.

  • #3

    Tyler (Mittwoch, 07 Juni 2017 16:21)

    @ Michaelcollins:

    "Das Grundübel sowohl bei Politik als auch bei Medien ist, der Bürger ist ihnen vollkommen egal."

    Das gilt aber auch anders herum:

    Das Grundübel sowohl bei Politik als auch bei Medien ist, dem Bürger ist es vollkommen egal.

  • #4

    Bauer (Mittwoch, 07 Juni 2017 17:47)

    Der ORF kämpft um Quoten ohne zu bedenken dass sich die Zeiten ändern.
    Die Zuseher wenden sich mehr und mehr angewidert ab. Das System ist nicht lernfähig weil zwangsversorgt

  • #5

    Wilhelm Scheidl (Mittwoch, 07 Juni 2017 18:05)

    Das Problem ist wirklich einfach zu lösen:
    Alle Zwangsgebühren und -mitgliedschaften abschaffen!

  • #6

    Feuer am Dach: (Mittwoch, 07 Juni 2017 21:24)

    http://myfonts-wtf.s3.amazonaws.com/7d/7d2a090e9e128189cac71b5fad7178d2.26246.jpeg

    Der ORF hat kein Staatsfunk sein zu dürfen. Dann wird ihm wenigstens die eigene Fake-News-Funktion per Staatsdrecket [sic!] genommen.

    Und Typen wie ihr haben überhaupt nicht zu entscheiden, was Fake ist und was nicht. So weit alles klar, unterm Betrügerhaar?

  • #7

    Franz Wenz (Donnerstag, 08 Juni 2017 11:21)

    Man könnte den Wolf statt bei der ZIB bei Guten Morgen Österreich einsetzen

  • #8

    … dafür ist sie da und dort soll sie erkenntlich erfolgen … (Donnerstag, 08 Juni 2017 20:32)

    Darum schreibt man diese zwei Adverbien nicht hintereinander, sondern sucht nach Ersatz bzw. lässt eines davon weg. Dem ORF würde dies aufgefallen sein.

  • #9

    Eigener Widerspruch tut sich auf: (Donnerstag, 08 Juni 2017 20:43)

    „… gehaltvolle Information in einem seriösen Interview, das durchaus bohrend und hart sein soll, aber weder ironisches noch sarkastisches oder gar abwertendes Beiwerk mit sich führt.

    Keiner ist ein Robert Hochner
    Niemand ist wirklich neugierig, welches müde, immer gleiche Scherzchen sich der Moderator A zu ausdenkt oder welches Bonmot der Moderatorin B zum Politiker C einfällt …“

    Ist der Wortlaut schon Sarkasmus oder als Zusammenhang noch Ironie?

  • #10

    Gerhild G. (Donnerstag, 08 Juni 2017 20:46)

    »… Die zweite Gattung an neuen Typen …« – „Wein predigen und Wasser trinken“, ist das dein neues Motto?

  • #11

    Dieser Satz hat mir am besten gefallen: (Donnerstag, 08 Juni 2017 20:55)

    In völlig überbezahlten und sicheren Staats-Posten aus dem Hintergrund die Bürger scheinvertreten und vor allem beeinflussen zu wollen oder ihnen auf Zuruf gewünschte Phrasen vor zu dreschen, ist nämlich kein Zeichen von Sozialität und hat schon gar nichts von ,Klasse‘, sondern ist bestenfalls die Stumpfblüte der Pseudo-Demokratie, der sogenannten Demokackie, einer Auswucherung der schwärzesten Partei des Ösireiches.

  • #12

    Hehe, das ist nun wirklich Ironie, besonders, wenn man all deine Artikel zusammen betrachtet: (Donnerstag, 08 Juni 2017 23:01)

    http://diepresse.com/home/innenpolitik/5231835/ORF-als-Vorbild-fuer-Strukturreform-des-Wiener-Spitalskonzerns-KAV

  • #13

    Wahlen? Hehe! (Freitag, 09 Juni 2017 17:08)

    https://de.wikipedia.org/wiki/Britische_Unterhauswahl_2017#Wahlempfehlungen