Die Summe der Religiosität ist konstant

Menschen glauben immer an irgendetwas oder an irgendwen. Selbst Atheisten und Nihilisten haben letztlich Überzeugungen, die einem Glauben entsprechen. Die Summe der Religiosität ist also konstant, so lautet die These. Sie gilt zunächst für das Individuum, ohne dass die nämliche Summe aber bei allen Individuen das gleiche Maß erreicht. Anders gesagt: Wenn sich ein Individuum von der angestammten Religion verabschiedet, hört das Glauben nicht auf, sondern es werden bloß die Glaubensinhalte ersetzt.

 

Die Individuen machen die Gesellschaft

Am Ende addieren sich diese individuellen Psychologien natürlich zu einer soziologischen Prägung, wenn auch die Regel der religiösen Konstanz wegen der aktuellen demographischen Dynamik nur eingeschränkt zum Vorschein kommt. Klarer erkennbar wird sie, wenn wir auf der einen Seite die wuchtigen Religionsinhalte der neu Hinzugekommenen dazu rechnen und auf der anderen Seite die inbrünstigen Überzeugungen der rein säkular lebenden Menschen, die den klassischen Religionen innerlich fern sind, aber ihre weltliche Orientierung oft mit ungeheurer Verve verteidigen.

 

Die Linken Freigeister, Säkularisierungs-Maniker und Gesellschafts-Chaoten sind ein Beispiel, an dem man den religiösen Charakter der Ersatz-Religionen schön studieren kann:  Blinder Glaube an die linken Werte, Fanatismus, Hass auf Andersgläubige, moralische Überlegenheits-Attitüden, Heils- und Erlösungserwartung aus der eigenen Weltsicht, ordensmäßiger Corps-Geist, Missionseifer usw. - all diese Merkmale sind bei ideologisch übereifrigen Linken eindeutig zu diagnostizieren.

 

Die Bürgerlichen sind leiser

Auf der Rechten Seite bestehen noch viele Rudimente herkömmlicher Religiosität, daher ist der Missionseifer der Rechten in den weltlichen Dingen weitaus weniger ausgeprägt als bei den Linken und ihr moralischer Gestus ist zurückhaltender. Allerdings definiert sich das konservativ-bürgerliche Weltbild über starke traditionelle Inhalte wie die Familie, die Nation, den Eigentumsbegriff usw. Diese wiederum waren und sind die oft geifernd angegriffenen Feindbilder der Linken.

 

Die bürgerlich-rechte Haltung erzeugte eine Situation, welche den stets enthusiasmierten Linken die Möglichkeit gab, eine moralische Schwäche der Rechten gegenüber den linken Religionen zu behaupten. Weil die linken Zeloten das säkulare Moment so in den Vordergrund stellen und ihre Vorstellungen in den letzten Jahrzehnten ohne Unterlass in die Politik und in die Medienlandschaft trommelten, mussten die Rechten sich in eine Warteposition begeben und die schleichende, jetzt aber erkennbar gewordene Verschlechterung der Realität abwarten, um wieder punkten zu können. Es fehlte Rechts nie an Inhalten, aber an der enthusiastischen Ausrichtung als Voraussetzung für Fanatismus, missionarischen Drang, Gruppenidentität, usw.

 

Die Wende nach der Krise

Im Rahmen der Migrationskrise konnten die Linken mit ihrer Inbrunst, die sich in schamlos übertriebener Weise an die Schlagworte Toleranz, Menschlichkeit und Güte krallte, noch einmal den Anschein erwecken, als ob alle, die irgendwie rechts sind, Abkömmlinge aus dem Reich des Bösen und nur die Linken die Guten wären. Die Krise von 2015 hat aber gleichzeitig das Finale nahezu aller linken Werte eröffnet. Es wurde den Bürgern seither immer klarer, dass die linken Religionen in der Lage sind, die Fundamente der Gesellschaft zu erodieren und dass mit ihnen letztlich die Auflösung der Nationen als Endziel des linken Glaubens angestrebt wird. Im Rahmen dieser Erkenntnis orientieren sich nun die Menschen neu und wenden sich in immer größerer Zahl wieder den traditionellen politischen Anschauungen zu.

 

Diese Haltungen sind im Grunde christlich inspiriert und sie haben durch die Aufklärung auch ihre säkulare Verankerung erfahren. Im besten Fall steuern wir also jetzt auf ein weithin sichtbares Revival des Kultur-Christentums zu. Wenn die Kultur-Christen (also all jene, die sich im Kontext eines aufgeklärt-christlichen Kulturklimas am wohlsten fühlen und sich damit identifizieren), wenn also diese Menschen wieder an Zahl und Stärke gewinnen, dann könnte sich nicht nur in Österreich und den osteuropäischen Ländern, sondern in ganz Europa eine neue Art gemäßigter westlicher Religiosität etablieren, die aufgrund der daraus entstehenden Übermacht den enthusiastischen Religionsattitüden sowohl aus dem linken wie auch aus dem orientalisch-afrikanischen Lager die Schärfe, die Angriffslust und somit die Gefährlichkeit nimmt. 

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Kommentare: 13
  • #1

    . (Samstag, 23 Dezember 2017 17:07)

    Dieses ständige Anschreiben gegen Linke ist nur noch öd und peinlich. Lassen Sie sich doch endlich was neues einfallen, @MD_Franz !

  • #2

    Menschen glauben immer an irgendetwas oder an irgendwen (Samstag, 23 Dezember 2017 18:29)

    Dann bin ich wohl kein Mensch.

  • #3

    Da, (Samstag, 23 Dezember 2017 18:47)

    ein Gedicht zum Nachdenken:

    https://debooworks.wordpress.com/2017/03/23/greatest-friend/#more-22

  • #4

    Rolf Schneider (Samstag, 23 Dezember 2017 19:56)

    Die beiden ersten Kommentare (von 17h07 und von 18h29) haben durchaus Zen-Koan-Format, aber nicht wegen ihrer Qualität, sondern wegen ihrer Kürze. Sie stammen offenbar von der angesprochenen, laut aufheulenden Zielgruppe. Da ich gläubig bin, nehme ich dem ersten ab, dass das Outing für ihn "öd und peinlich" ist und woran der zweite -entgegen seiner Behauptung- glaubt, kann ich ohne seine Google-Datenanalyse nicht beurteilen.

  • #5

    Wilhelm Scheidl (Samstag, 23 Dezember 2017 20:25)

    Otto von Habsburg hat einmal gesagt: "Europa wird christlich sein, oder es wird nicht sein!" Er hat die Gefahr damals schon erkannt. Man wird es jedoch zu verhindern wissen, dass Europa untergeht.

  • #6

    Thomas Zieringer (Sonntag, 24 Dezember 2017 01:10)

    Dem Nihilismus etwas entgegenstellen: http://friedensmal.de Otto von Habsburg wollte meinem Projekt Friedensmal mit einer Ehrenmitgliedschaft beitreten, was dann seine Krankheit jedoch verhindert hatte.

    Um zu verhindern, dass Europa untergeht müssten die Kräfte und Initiativen zusammenwirken, die die Gefahr erkannt haben und die Wichtiges geschaffen haben, um der Gefahr zu begegnen. Noch fehlen uns die Möglichkeiten diese geistigen Mittel in die Wirkung zu bringen.

  • #7

    So viel Wasser gibt es gar nicht mehr, (Sonntag, 24 Dezember 2017 02:32)

    dass Europa untergeht.

  • #8

    @ 5 (Sonntag, 24 Dezember 2017 02:35)

    Mit der Google-Datenanalyse wüsstest du es auch nicht!

  • #9

    Eure Freunde werden immer schlauer: (Sonntag, 24 Dezember 2017 02:44)

    http://www.handelsblatt.com/politik/international/operationen-im-atlantik-russische-u-boote-verunsichern-die-nato/20789094.html?nlayer=Politik-News_11247984

    In Wahrheit würde es nur die Banken treffen. Dies Kabel sind nicht unsere Komm. Aber das wisst ihr ja bestimmt. Erst das Finanzchaos würde uns ein bisschen in die Mangel nehmen, das durch Zerstörung entstünde. Unsere Komm. läuft über Sat und umso langsamer. Behauptet der europäische Top-Ökonom Sinn.

  • #10

    Josef Reiberg (Sonntag, 24 Dezember 2017 09:48)

    So sicher, dass der liebe Gott Europa erretten werde, wäre ich mir nicht - so wie Herr Otto Habsburg. Er hat schon seinen Vater, die allerkatholischste Majestät, schmählich im Stich gelassen. Warum sollte er Europa retten wollen, wenn sogar im Vatikan ein "roter" Stellvertreter sitzt?

  • #11

    michaelcollins (Sonntag, 24 Dezember 2017 10:41)

    Lieber Dr. Franz, liebe User
    ich wünsche allen ein gesegnetes, friedvolles Weihnachtsfest.
    Michaelcollins

  • #12

    Wilhelm Scheidl (Sonntag, 24 Dezember 2017 20:33)

    Gott lässt niemanden im Stich, auch wenn das oft für uns Menschen schwer zu begreifen ist. Jesus hat auch sein Kreuz ertragen müssen. Wir wissen oft nicht, was er mit uns und der Welt vor hat, aber wir können ihm vertrauen. Wie heißt es so schön: Am Ende wird alles gut, allerdings stehen wir erst am Anfang!

    Ja, auch die höchsten Kirchenvertreter können irren und sich von der Wahrheit entfernen. Jesus selbst sagte: "Kenne die Wahrheit, und die Wahrheit wird dich frei machen." Und auch für Martin Luther hatte die Wahrheit oberste Priorität: "Friede wenn möglich, Wahrheit auf jeden Fall."

    Johann Wolfgang von Goethe hat viele Sprüche über die Wahrheit kund getan. Einen möchte ich hier anführen, zu Johann Peter Eckermann:

    "Man muss das Wahre immer wiederholen, weil auch der Irrtum um uns her immer wieder gepredigt wird und zwar nicht von einzelnen, sondern von der Masse, in Zeitungen und Enzyklopädien, auf Schulen und Universitäten. Überall ist der Irrtum obenauf, und es ist ihm wohl und behaglich im Gefühl der Majorität, die auf seiner Seite ist."


    Frohe Weihnachten

  • #13

    Jens Heinke (Montag, 25 Dezember 2017 12:50)

    Wahre Worte zu den Linken, die nun verständlicherweise verletzt aufheulen.
    Dass ein Atheist den (bisherigen) Gottesglauben einfach durch einen anderen ersetzt, ist hingegen zu kurz gedacht.
    Daran trägt auch unsere Sprache die Schuld:
    Wer seine Überzeugung Kund tut, dass Maria unbefleckt empfangen habe und der Vater ihres Kindes Gott sei, kann für diese Behauptung nicht den allergeringsten Beweis anführen – er glaubt trotzdem, Beweise interessieren ihn auch nicht weiter. So hat man es ihn seine ganze Kindheit lang gelehrt (als kritisches Denken noch gar nicht möglich war), deswegen muss es stimmen.
    Wer sagt, er glaube, dass morgen die Sonne scheinen werde, spricht von etwas völlig anderem: Er hält es für sehr wahrscheinlich, dass wir schönes Wetter haben werden. Dafür hat er Gründe wie den Wetterbericht, eigene Wetterbeobachtungen etc. Wenn er, mit dieser Art des Denkens ausgestattet, erklärt, dass er überzeugt sei, dass es einen Gott gibt, so hat er auch dafür Belege; die Naturwissenschaft bietet Hinweise genug.
    Aber mit Glauben im christlichen oder islamischen Sinne hat das nicht das Geringste zu tun: sein Gottes-„Glauben“ ist eine vernünftige, logische Schlussfolgerung. Neuere Erkenntnisse könnten dazu führen, dass er seine Gottesannahme wieder aufgibt.
    Diese unbeirrte Festhalten von Gläubigen an Überzeugungen, die auf nichts als der Indoktrination während der Kindheit beruhen, auf nichts anderem als auf Texten, die nachweislich seit und vor Jahrtausenden gefälscht wurden, heißen sie nun Bibel, Koran oder Talmud, das bleibt für den kritisch Denkenden schwer verständlich, manchmal schwer erträglich.
    Dass man natürlich die Gruppe der Kirchengläubigen gut gegen die Gruppe der Linksgläubigen instrumentalisieren kann, ist ein anderes Thema.
    Auch wenn unschwer erkennbar war, dass ich zu den „Ungläubigen“ zähle, wünsche ich allen Lesern ein frohes Weihnachtsfest, und das gilt ganz besonders für Dr. Franz, der uns mit seinen Artikeln und Gedanken immer erneut beschenkt.