Die kulturelle Identitätsstörung

"Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte, einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören. Diese Werte sind allen Mitgliedstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet." 

 

So lautet das Werteverständnis der EU und genauso ist es im Vertrag von Lissabon festgeschrieben. In diesen schönen Worten steckt aber nicht nur ein Ergebnis langer zivilisatorischer Entwicklungen, sondern auch die ganze Problematik, welche die vielen Schwächen und die daraus resultierende Handlungsunfähigkeit des postmodernen Kolosses "Europäische Union" ausmachen.

 

Nur auf den ersten Blick überzeugend

Auf den ersten Blick mag diese Charta ja überzeugend und als Inbegriff unserer Kultur wirken, aber bei näherer Betrachtung erkennt man, dass die Widersprüchlichkeiten dominieren. Dieselben sind sogar so stark, dass man von kultureller Identitätsstörung sprechen muss. Schon die Begriffe "Freiheit" und "Gleichheit" stellen ein Widerspruchspaar dar, denn Freiheit kann es nur geben, wenn die Gleichheit nicht dominiert. Die Gleichheit muss in einem wirklich freiheitsorientierten Kulturraum sogar als potenzielle Bedrohung gesehen werden. Wird umgekehrt die Gleichheit als echter Wert betrachtet, ist die Freiheit nur eine Chimäre, weil die Gleichheit die echten Freiheiten erstickt.

 

Was tun wir mit den kulturellen Antagonisten?

"Toleranz" und "Gerechtigkeit" sind ebenfalls nur schwer vereinbar. Wo ist die Grenze der Toleranz anderen Kulturen gegenüber, die sich in Europa ausbreiten, aber den Lissaboner Werten diametral gegenüberstehen? Wie geht eine "gerechtes Europa" mit der orientalischen Kultur um, welche die im EU-Wertekatalog geforderte Gleichberechtigung von Mann und Frau definitiv nicht haben will und nicht zuletzt deswegen parallele Kulturräume mitten im toleranten Europa entwickelt hat? Was ist daran "gerecht" - nämlich den hier in der EU lebenden und kulturell anders sozialisierten Frauen gegenüber, die aus unserer Sicht unterdrückt und eingeschränkt werden? Das beste Beispiel für den widersprüchlichen Umgang mit den wesentlichen kulturellen Fragen ist das Kopftuch: Für die einen ist es ein Symbol der Unterdrückung, für die anderen ein Zeichen der Selbstbestimmung der orientalischen Frau. Ein eigenes Identitätsmerkmal ist es sowieso. Und ein Zeichen der europäischen Hilflosigkeit auch.

 

Nun sind sie halt mal da

Sollen wir im Rahmen der "Toleranz" und der "Freiheit" diese Fragen einfach ignorieren und alle so werken und leben lassen, wie sie sind? Getreu Angela Merkels unseligem Diktum "Nun sind sie halt mal da" ? Sollen sich regional, je nach kultureller Strukturierung von Stadtteilen oder Landstrichen die Bürger und Neu-Bürger alles selber untereinander ausmachen? Das führt unmittelbar zur totalen Segregation der Gesellschaft, zum Verlust der kulturellen Zusammengehörigkeit Europas und konterkariert alle gemeinsamen Bestrebungen der EU.

 

Wozu noch EU-Werte?

Wenn wir diese Entwicklungen tolerieren - wozu brauchen wir dann überhaupt einen europäischen Werte-Katalog, an den man sich ganz offensichtlich ohnehin nicht halten muss? Sind dann nicht jene, die sich verzweifelt an den diffusen EU-Werten orientieren wollen, die Deppen des Kontinents? Und warum interessieren eigentlich gerade diese fundamentalen Diskrepanzen in den Frauen-Fragen die feministisch orientierten Lobbys praktisch überhaupt nicht? Warum greifen diese Interessengruppen noch immer den sogenannten weissen alten Mann an? Wohl weil das ungefährlicher ist und man sich als nur scheinbar kämpferische Frau an den abgedroschenen Phrasen des Geschlechterkampfes noch immer so herrlich abarbeiten kann. Allerdings ist auch dieses Verhalten zweifellos ein Merkmal der kulturellen Identitätsstörung.

 

Die Zuwanderung legt die Diskrepanzen offen

Auch und gerade in den prinzipiellen Fragen der Zuwanderung wird die innere Spaltung und die Ambivalenz der europäischen Haltungen immer wieder klar erkennbar. Ein beliebtes Schlagwort, das unsere Werte symbolisieren soll, ist das von der "Integration". Andauernd sollen kulturfremde Leute in Europa integriert werden, die als Asylwerber zu uns kommen und die definitionsgemäß nur für die Zeit ihres eventuell gewährten Schutzes hierbleiben sollen.

 

Asyl ist keine legale Einwanderung

Was in der Debatte immer gern übergangen wird: Asyl ist grundsätzlich keine Form von Einwanderung, wird aber durch Umdeutungen und tendenziöse Argumentationen sehr oft dazu gemacht. Einen Asylwerber integrieren zu wollen, ist jedenfalls eine im Kern sinnlose und kontraproduktive Angelegenheit, denn der Betreffende muss zunächst das Asylverfahren abwarten. Wird ihm Asyl gewährt, soll er auch dann so bald wie möglich trotzdem wieder in seine Heimat zurück. Und wird sein Ansuchen abgelehnt, dann ist die Integration noch unsinniger, weil er nach dem Bescheid sowieso abgeschoben werden muss. Diese Art der Integration ist also nur eine Vergeudung von Zeit und Ressourcen im Namen der europäischen Werte - dafür aber zu Lasten des europäischen Bürgers. Und letztlich ebenfalls eine kulturelle und schädliche Ambivalenz.

 

Was ist mit den Bürgerrechten?

Schlussendlich ist es auch absurd, den Immigranten, die keine Staatsbürger sind, dieselben Rechte zumessen zu wollen, welche die Staatsbürger besitzen. Das betrifft vor allem das Wahlrecht, aber auch die Berechtigung, soziale Leistungen zu erhalten. Wozu soll es dann überhaupt Bürger und bestimmte national etablierte Bürgerrechte geben, wenn man einfach über die Grenze in ein x-beliebiges anderes Land gehen kann und dort mitreden und materielle Zuwendungen vom Staat erhalten soll, die von den jeweiligen Staatsbürgern erwirtschaftet werden? Wie ist das mit den EU-Werten "Gerechtigkeit" und "Solidarität" vereinbar? Gar nicht - es ist einfach nur kulturell identitätsgestört und widersprüchlich.

 

Nur die Nation kann uns noch retten

Die prächtigen Worthülsen, die den Lissabonner Werte-Katalog füllen, erzeugen gerade in der jetzigen existenziellen Krise Europas viel mehr Probleme als sie lösen. Der einzige Weg, die daraus entstandene kulturelle Schizophrenie zu behandeln und letztlich auch zu heilen, besteht in der Stärkung der nationalen Kompetenzen der einzelnen Länder. Nur ein Europa der Nationen kann die Kraft aufbringen, wieder vernünftig und rational zu agieren. Ein in sich widersprüchliches und auf tönernen Füßen stehendes EU-Konstrukt ohne echte Fundamente kann das nicht. Es wird unweigerlich in sich zusammenstürzen.

 

 

 

Kommentare: 6
  • #6

    Mitdenker (Montag, 27 August 2018 20:21)

    Die "kulturelle Identitätsstörung" ist in keiner Klassifikation der Erkrankungen verzeichnet. Leider. Doch Sie ist eine brutale Realität, denn die Deutschen sind auf dem besten Weg, aufgrund dieser Geistesstörung auszusterben. Psychologen in Cambridge nennen diese Störung "ethnokulturelle Paralyse":

    https://coaching-institute.net/angstambulanz/angstambulanz.html#r21

    ZITATANFANG
    Inzwischen ist bei den Deutschen, glaubt man deren Äußerungen, im Gefolge des jahrzehntelang eingeübten Schuldkultes ein Zustand der ethnokulturellen progressiven Paralyse eingetreten, einer fortschreitenden Lähmung, wie sie als Endzustand nach langjähriger und unbehandelt früher tödlicher Syphylisinfektion beobachtet werden kann – im Volksmund "Hirnerweichung" genannt. Während die neurosyphilitische Demenz als Spätfolge der Syphylis durch die guten Behandlungsmöglichkeiten heute selten geworden ist, so ist für die ethnokulturelle Paralyse keine gute Therapieoption in Sicht. Quer durch das bunte Parteienspektrum hängt man in Deutschland zunehmend der verrückten Fantasie an, das grundgesetzlich als Souverän benannte deutsche Staatsvolk durch eine bunte Bevölkerung zu ersetzen, der jeder beitreten kann, dem es gelingt, das ungeschützte deutsche Staatsgebiet zu erreichen, und der nicht mehr retourniert werden kann. Legal oder illegal – das ist den nationalsuizidalen Fantasten völlig egal.

    So wächst die Angst vor einem irreparablen Kultur- und Identitätsverlust, die Angst vor Terror und Gewalt und die Angst vor der Zukunft, denn "wer Grenzenlosigkeit zum Ideal erhebt, macht die Selbstverdummung zur moralischen Pflicht",[22] stellte der Berliner Historiker Egon Flaig fest, der bis zu seiner Emeritierung 2014 ordentlicher Professor für Alte Geschichte an der Universität Rostock war.

    "Wir haben eine sensationelle Infantilisierung der Politik erlebt, vor allem in der Migrationsfrage," ergänzte der Heidelberger Historiker und ordentliche Professor für Allgemeine Geschichte an der Universität St. Gallen, Rolf Peter Sieferle, "und diese ist letztlich Ausdruck einer tieferliegenden fundamentalen Infantilisierung der Bevölkerung".[23] "Es wird daher", so Sieferle, "zu schweren Konflikten kommen, wenn der zivilisierte Teil der Bevölkerung nicht mehr in der Lage ist, die eingewanderten Barbarenstämme durchzufüttern, die glauben, ein Recht darauf zu haben".[24]
    ZITATENDE

    Lieber Herr Franz, was kann man da machen: Auswandern ?

  • #5

    Hans Liesinger (Montag, 27 August 2018 19:38)

    Mein Gott... was gehen mir diese "Wertediskussionen" schon auf den Sack!
    Die Union, sowie jede Nation usw. gründen sich ausschließlich auf Regeln!
    Diese werden Gesetze, Verordnungen, etc. genannt! Werte sind so individuell und verschieden wie es bekanntermaßen auch die Geschmäcker sind...- soll auch so sein...ist in Ordnung so... Über all dem aber steht das Gesetz, - stehen also jene Regeln die Ausfluss, Bestätigung und Manifestierung unserer "europäischen Werte" waren und sind.
    Soweit lediglich bedauernswerte Einzelschicksale sich in rosarotschwülstiger Faserschmeichlermanier dem Volk gegenüber auskotzen und verzückt keuchend in ihren Werten schwelgen.... auch O.K...
    Sobald sich diese Individuen allerdings in hohe und höchste Ämter "verirren", bzw. sich Amtsträger von diesem "Irrenhausvirus" anstecken lassen, ist die Kacke definitiv am Dampfen!
    Somit schließe ich mit einem Zitat Karl Schwarzenbergs:
    "Leckt mich am Arsch mit Werten!.... Wir haben Regeln!"

  • #4

    Stefan Bog (Montag, 27 August 2018 18:42)

    sehr schön zusammengefasst. ähnliche Gedanken kommen einem, vor dem offiziellen Bild unseres Herrn BP VdB stehend, angesichts der Deklaration der Menschenrechte. >>Worthülsen-Hülsen<<, wie ein inzwischen vehement vom Rechtsstaat Verfolgter es bereits vor Jahren benannt hat. LG an Ralph

  • #3

    Martin Münch (Montag, 27 August 2018 17:47)

    Über ähnliche Themen wie die im anliegenden Artikel behandelte "kulturelle Identitätsstörung" habe ich bekanntlich ebenfalls diverse Artikel verfasst.

    Der Autor hätte seiner Aufzählung beliebig viele Beispiele aus anderen Kulturbereichen wie der (Architektur oder) Musik hinzugesellen können, deren desolater Zustand seit dem Ende des ersten und mehr noch seit dem des zweiten Weltkriegs sich aus der gleichen Wurzel speist:

    Dem globalistischen, gleichmacherischen, das Untere obenauf spülenden Sozialismus, der das Eigene verachtet und verhöhnt, das Fremde - umso mehr, je auftrumpfender und totalitärer es auftritt - hingegen als Monstranz inthronisiert, dem Primitiven zum Sieg über die Qualität, dem ideologisch Zubetonierten zum Sieg über (...)

    https://www.facebook.com/martin.munchcomposer/posts/1860185297399088?__xts__[0]=68.ARDga_QM0JDBegwA-gQacFO3zIZQ2UBNAsMY7okDXIySefsXjGFVOy2byDgkvmZZIeuv2TIddjQnHRvm38915euJ83P-hCjZeO6DCxCAHAoZTXxzviBTRQI7vqStDc1cBguseLk&__tn__=-R-R-R

  • #2

    Hartmut Pilch (Montag, 27 August 2018 12:34)

    Die Grundrechtscharta,die uns mit dem Lissabonner Vertrag aufoktroyiert wurde, nachdem Franzosen und Niederländer das gleiche Konstrukt schon per Volksabstimmung verworfen hatten, enthält viel tödliches Gift. Insbesondere wurde durch sie das Nichtzurückweisungsprinzip aus Art 33 GFK und das darauf aufbauende Straßburger HumanitärUNrecht mit seinen Todesurteilen gegen Italien, Griechenland und Spanien höchstes Verfassungsrecht. Es ist der wesentliche Grund dafür, dass Salvini nach wie vor kein Schiff nach Libyen zu schicken wagt. Vor den Zeitender Grundrechtscharta konnte Italien eine australische No-Way-Politik betreiben.
    Im Prinzip genau so unsinnig ist das Eugenikverbot der Grundrechtscharta. Als hätten wir nicht schon genug Probleme mit geburtenfreudigen "alleinerziehenden" Sozialstaatsbräuten, die gesellschaftlichen Misserfolg vererben, konstruiert die Grundrechtscharta noch einen Konflikt zwischen "Menschenwürde" und Eugenik, dem etwa Embryonenselektion, Pränatale Diagnostik etc zum Opfer fallen.
    Generell wirkt sich das Konstrukt auch allein deshalb übel aus, weil es in keinen Nationalstaat und keine Verpflichtung gegenüber einem Volk und seiner Souveränität eingebettet ist. Die EU-Werte hingegen adeln den Volksverrat.
    Es ist letztlich ein Programm zur Selbstauflösung, wie sie ja den humanitären Globalisten gut zupass kommt.

  • #1

    Josef Sauschneider (Montag, 27 August 2018 11:02)

    Na ja, free men are not equal and equal men are not free, das ist ein alter, sehr wahrer Hut.