Lebt Stalin noch in Wien?

Der russische Diktator Stalin starb geistig umnachtet und alleine. Nicht zuletzt auch deswegen, weil er an eine Ärzteverschwörung geglaubt hatte und keinen Arzt mehr an sich heranließ. Soweit man weiß, misstraute der Georgier zeitlebens jedem Akademiker und vor allem den Ärzten. Diese fristeten in der UdSSR überhaupt ein eher mühsames Dasein. Generell waren und sind die Mediziner-Kollegen in linksorientierten Gesellschaften immer wieder Anfeindungen und Angriffen auf ihre Reputation, ihre Wertigkeit und ihr Standing ausgesetzt. Das gehört in sozialistischen Ländern quasi zum guten Ton.

Aktuell findet gerade wieder ein Ärzte-Bashing in einem linksideologisch dominierten Universum statt - nämlich im linksrotgrünen Wien. Die Spitalsärzte des gemeindeeigenen Krankenanstaltenverbundes (KAV) werden von höchster Stelle unter Druck gesetzt und ihnen soll gezeigt werden, wer der Herr im roten Hause ist.

 

Der Ärztekammerpräsident, wiewohl selbst einst Sozialdemokrat, schlägt sich bis jetzt ganz wacker und tritt prononciert gegen die rotgrünen Herrschaftsphantasien auf. Der Vize-Präsident, ein Bürgerlicher, kämpft ohnehin seit Jahren um eine Besserstellung der Mediziner in Wien. Die Spitalsärzte Wiens sind mittlerweile zu über 90% bereit, in den Streik zu gehen - ein Misstrauensvotum der besonderen Art, das die rote Gemeinde da entgegen nehmen muss. 

Wenn 93% der bestausgebildeten und höchstqualifizierten Mitarbeiter eines Betriebes den Streik als nunmehr einzig wirksames Mittel sehen, um sich gegen die Angriffe auf ihre Berufsgruppe zu wehren, sagt das ja vor allem etwas über die politische und qualitative Führung des Betriebes aus. Man stelle sich vor, 90% der VOEST - Arbeiter hätten damals in den Zeiten der sozialistischen Verstaatlichung mit Streik nicht nur gedroht, sondern diesen auch angekündigt: Die Führungsriege des Stahlwerkes wäre blitzartig ausgetauscht worden, man hätte gar nicht debattiert. 

So wird  in den roten Strukturen wie immer mit zweierlei Maß gemessen: Wenn Ärzte (oder überhaupt Akademiker) mit Streik drohen, dann ist das ein Affront und ein Skandal, der von einer privilegierten Berufsgruppe ausgeht. Die linke politische Führung fühlt sich dann immer bedroht wie weiland Stalin und muss mit aller Härte gegen die Streikenden vorgehen. 

Wir dürfen gespannt sein, ob sich in unseren Zeiten der angeblichen alten und neuen linken Werte wie Liberalität und Wertschätzung, die von der Sozialdemokratie immer im Bauchladen vor sich hergetragen werden, eine faire Lösung der Wiener Dienst- und Gehaltsproblematik im Ärztebereich möglich wird. Oder ob sich nicht doch die diktatorische und misstrauische Stalin-Denke durchsetzt.

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Kommentare: 2
  • #1

    helmut-1 (Dienstag, 30 August 2016 12:16)

    Das ist eigentlich ein Thema, bei dem ich nichts kommentieren kann, - mangels Insiderkenntnisse. Weder bin ich Arzt, noch bin ich Patient. Eine für mich im Prinzip fremde Spielwiese.

    Allerdings kam nun in unzensuriert ein Artikel, der evtl. in ein ähnliches Gebiet fällt:

    https://www.unzensuriert.at/content/0021630-Zu-viele-Sozialversicherungen-Stoeger-laesst-Effizienz-im-Ausland-pruefen

    Hier sind wiederum die Dinge im Spiel die einfach nur ins Geld gehen. Und ums Geld gehts ja auch im Beitrag von Herrn Dr. Franz. Vielleicht auch um die Arbeitsbedingungen, - ich weiß nicht, was alles zu der Verstimmung in den Krankenhäusern geführt hat. Ich kenne diese Einrichtungen als Patient nicht von innen.

    Natürlich müssen die Krankenhäuser und Spitäler in einer Form vorgehalten werden, die demjenigen, der darauf angewiesen ist, auch was nützen. Wenn die Entlohnungen sowie die Arbeitsbedingungen hier Anlaß zu berechtigter Kritik geben, dann muss etwas geändert werden.

    Schon interessant zu beobachten, dass die Ärzte aus Rumänien und Bulgarien nach Österreich und Deutschland gehen, und die deutschen und österreichischen Ärzte gehen nach Holland oder Skandinavien. Nun, das nennt sich "Völkerwanderung im Fachbereich".

    Warum habe ich eingangs erwähnt, dass ich hier nichts kommentieren kann: Wenn ich einen Bedarf habe, dann brauche ich keinen Mediziner, sondern einen Arzt. Da besteht für mich schon ein kräftiger Unterschied. Denn ich brauche dann einen Rat, mit dem ich was anfangen kann.

    Möglich, dass Herr Dr. Franz das als Internist anders sieht, - aber ich gebe hier nur meine (unmaßgebliche) Meinung wieder. Meine Beobachtung geht leider in die Richtung, dass, wenn ich bei einem komplizierten Problem meiner Frau 5 Mediziner befrage, dann 6 verschiedene Meinungen bekomme. Ein fundiertes ärztliches Statement oder sogar eine seriöse Diagnose zu bekommen, das ist so was wie die Nadel im Heuhaufen.

  • #2

    helmut-1 (Dienstag, 30 August 2016 12:17)

    Fortsetzung:

    Was aber das Schlimmste an der Sache ist, das ist die eiserne Klammer der Versicherungen. Inwieweit das in den Artikel von unzensuriert hineinspielt, das weiß ich nicht.

    Was ich weiß, das ist eines: Ich bin als einer der Verrückten, die ihren "way of life" gefunden haben und seit mehr als drei Jahrzehnten nicht mehr krank sind, Leidtragender des diktatorischen Versicherungssystems. Es gibt keine Unfallversicherung ohne Krankenversicherung. So ist es in Deutschland, und in Österreich sicher nicht anders.

    "Unfall" ist ein juristisch klar umrissener Begriff, nämlich ein nicht vorhersehbares und nicht beeinflussbares oder vermeidbares Ereignis. Sich gegen diese möglichen Schäden zu versichern, ist ohne allgemeine Krankenversicherung nicht möglich.

    Beispiel: Sich dagegen zu versichern, wenn man sich ein Bein bricht, einschl. Transport ins Krankenhaus, einschl. Krankenhausversorgung, einschl. Nachbehandlung, um die Unfallfolgen zu beseitigen, - das gibt es nicht. So ein Unfall wird über die Krankenversicherung abgerechnet, - und ich muss dazusagen, dass das für mich keine "Krankheit" ist, sondern eben eine Unfall.

    Natürlich versucht man, schon aus rechnerischen Gründen in die KV alles hineinzupacken, was nur geht, - um die immensen Auswüchse in den Griff zu kriegen. Was sind die immensen Auswüchse: Diese Unvernunft der meisten Mitmenschen, die sich mit Übergewicht und ungesunder Ernährung und sonstiger Unvernunft in die Hände derer begeben müssen, die ja auch rechnen müssen, um ihr Personal, ihre med.techn. Angestellten und Sprechstundenhilfen, zu bezahlen.

    Wenn mal ein niedergelasser Arzt aufhört, genau zu rechnen, dann ist er schnellerweg vom Fenster, als er glaubt. Hab mal von einem Insider die Anzeigen in den Fachzeitschriften gelesen, wo ganze Ordinationen aus Bankrottgründen zum Kauf angeboten werden. Aber das wird nicht groß publiziert, die Ethik der Mediziner verbietet das.

    Sollte mal so ein Internist dem Patienten empfehlen: Iß mal nur die Hälfte, insbesonders auf das und das verzichte, fang an, Frühsport und Langlauf zu machen, usw. - was sagt dann der "gescheite" Patient? Der Mediziner Dr. Sowieso ist in Trottel, ich such mir einen anderen Mediziner. Das sagt er auch dann, wenn der Internist 10 x recht gehabt hätte.

    Was treibt denn die Kosten hoch im Gesundheitssystem? Unter anderem auch das. Außer den Kosten fürs Personal und die Mieten, die immer höher werden. Dazu die Anschaffungen für medizinische Geräte. Kannte da einen Insider aus einem medizinisch-technischen Konzern. Der zeigte mir mal auf, was z.B. ein EKG-Gerät in Deutschland oder Österreich kostet, und für welches Geld das nach Rumänien oder Bulgarien verkauft wird. Da sind mir erst die Augen aufgegangen.

    O.k., - ich hab mich rechtzeitig ausgeklinkt, aus dieser Maschinerie. Seit 35 Jahren habe ich keine KV mehr. Wieviel Grund und Boden ich mir von dem ersparten Geld gekauft habe, das weiß nur ich. Als Selbständiger ging das bis vor Kurzem. Letztlich habe ich im Ausland eine preiswerte Unfall- sowie Erstversorgungsversicherung gefunden, was mich ca. 12 € pro Monat kostet. Als ich von der Leiter fiel, habe ich diese Versicherung auch einmal in Anspruch genommen. Transport in der "Luftmatratze" ins Krankenhaus, Röntgen, 2 Wochen Aufenthalt einschl. medizinischer Versorgung, allerdings ohne Reha.

    Fassen wir mal zusammen:
    Die Mediziner verdienen kaum mehr was, haben Hungerlöhne in den Krankenhäusern und schlechte Arbeitsbedingungen.

    Der Patient bezahlt sich im Normalfall dumm und dämlich und bekommt eigentlich nicht die Leistung, die er sich wünscht.

    Stellt sich die Frage, wer denn dann hier wirklich absahnt........ Vielleicht weiß Herr Dr. Franz da mehr.