Wider die Natur und gegen die Kultur

Wenn man sich heute als konservativer Bürger Gedanken macht, warum uns die letzten Jahrzehnte so viele gesellschaftliche Änderungen gebracht haben, die gemeinhin als "gut" und "fortschrittlich" dargestellt werden, so muss man ein wenig schürfen, um auf die Wurzeln dieses nur scheinbar "Guten" zu stoßen. Zunächst sei zu diesem Zweck aber das betrachtet, was ist.

 

Die Aneignung der Deutungshoheit

Die modernistisch denkenden "Opinionleader" in den noch immer so genannten Qualitäts- und Leit-Medien beanspruchen seit vielen Jahren die Meinungs- und Deutungshoheit. Begründet wird dieser Anspruch mit einer selbstaffirmativen und völlig säkularisierten Moralhaltung, die sich nicht aus traditionellen Quellen über einen langen Zeitraum entwickelt hat, sondern die in mehreren Etappen am Reissbrett entworfen und planmäßig konstruiert wurde. Die Architekten dieses Gedankengebäudes, das aus Ressentiments und zeitgeistigen Attitüden besteht und keine festen Fundamente besitzt, sind Karl Marx und seine zahlreichen Epigonen.

 

Leben im Luftschloss

Einen weiteren und ganz wesentlichen Anteil an der Entstehung der luftschlossartigen Gesellschaft, in der wir jetzt leben, hat das Gedankengut der Französischen Revolution. Marx und Marianne (die allegorische Anführerin der revoltierenden Franzosen) haben sich im historischen und heuer zum 50. Jubiläum ausgerufenen Jahr 1968 endlich gepaart, um  das hervorzubringen, woran wir heute leiden: Den moralischen Flugsand, der Liberalismus genannt wird und die zahllosen Oberflächlichkeiten, die als humanistische Entwicklungen und große Kulturleistungen gefeiert werden. Und über allem schwebt seither der Geist des Relativismus: Nichts ist mehr fix, alles geht.

 

Die Gleichheit als Wurzel allen Übels

Ein zentraler Punkt der als "liberal" missverstandenen modernistischen Beliebigkeitshaltung ist die immer wiederkehrende Rede von der Gleichheit der Menschen. Diese ab ovo nicht vorhandene und weder in der Natur des Menschen noch überhaupt in der Natur anzutreffende Gleichheit wird von den zeitgeistigen Gesellschafts-Ingenieuren aber stets als absolut gesetzt. Damit wagen sie das Unerhörte: Der Mensch soll sich durch diese falsche Prämisse über seine natürlichen und kulturellen Konditionen hinwegsetzen. Er soll jenseits von Biologie, Natur und Kultur zu einem Einheits-Konstrukt werden, das weltweit jeweils mit denselben Rechten auszustatten ist.

 

Die Menschenrechte müssen aus diesem Grunde ständig erweitert und neu geschrieben werden, die Menschenpflichten hingegen sollen zurückgedrängt und nur insofern auferlegt werden, als sie einer weiteren Stärkung der Schlechtweggekommenen dienen.  Das kann nur schiefgehen - auch wenn die Prediger der Gleichheit immer die süßesten Verführungsphrasen finden, um ihre Anhängerschaft zu mehren und deswegen auch stets im Kleid des Edlen, Richtigen und Guten daherkommen.

 

Die totalitäre Formel

Aus der Gleichheitsformel beziehen die egalitätslüsternen Hypermoralisten ihre Legitimation für alle politischen und gesellschaftsverändernden Taten der letzten Jahrzehnte, denn sie verwenden diese Formel, um alle Unterschiede zwischen den Menschen im allgemeinen und zwischen den Geschlechtern im Besonderen einzuebnen und zu verwischen. Die Gleichheitsformel ist aus Sicht der Modernisten stärker als alle biologischen Unterschiede, mächtiger als jede gewachsene kulturelle Andersartigkeit und sie zählt damit mehr als das Individuum. Sie muss demzufolge das zentrale Momentum jeder gleichheitsorientierten Politik sein.

 

Was kümmern einen Hypermoralisten schon die natürlichen Gegebenheiten, was scheren ihn die Traditionen oder die genuine Vielfalt und was gehen ihn die daraus entstehenden Inkompatibilitäten der Kulturen an? Warum soll sich so ein Prediger um die gerade stattfindende und groteske Umkehr der Ausbeutungsverhältnisse kümmern und darüber nachdenken, dass die Mehrleister für jede gesellschaftliche Veränderung, die im Namen der Gleichheit gefordert wird, immer tiefer in die Tasche greifen müssen?

 

Wo Unterschied war, soll Gleichheit herrschen - das ist das Ziel, koste es, was es wolle. Bezahlen muss die Erreichung dieses Ziels ohnehin der brave Bürger und nicht der Gleichheitsapostel. Der will kassieren. Die Bezahlung erfolgt natürlich nicht nur in materieller Hinsicht, sondern vor allem auch durch eine gesellschaftliche Nivellierung, die den Verlust von Kompetenzen bei jenen nach sich zieht, welche die Gesellschaft immer vorangebracht haben.

 

Alle Modernismen entspringen der Gleichheit

Wir können sämtliche Erosionen der traditionellen und bewährten Gegebenheiten auf die infiltrierende Ausbreitung des Gleichheitsgedankens zurückführen: Die offenen Grenzen, denn jeder soll letztlich weltweit das gleiche Recht auf Migration haben. Die Ehe für alle, weil jeder Mensch muss heiraten dürfen, wen er will. Die Gender-Ideologie, weil Frauen und Männer sind absolut gleich und sollen nur noch durch Buchstaben und Endungen auseinandergehalten werden können. Die Political Correctness, weil man darf niemandem mehr die Wahrheit ungeschminkt ins Gesicht sagen und muss über alle Menschen gleichermaßen mit denselben Schwurbel-Phrasen reden. Die Anti-Diskriminierungsgesetze, auch wenn sie noch so unsinnige Folgen haben und beispielsweise die Freiheiten von Arbeitgebern einengen, dafür aber deren unternehmerisches Risiko erhöhen. Die Gleichbehandlungskommissionen, auch wenn sie nur darüber entscheiden müssen, ob der Haarschnitt bei einer Frau mehr oder gleichviel kosten darf wie bei einem Mann. Usw., usf.

 

Der Midas der Postmoderne

Der Gleichheitswahn präsentiert überall seine scheinheilig grinsende Maske und ist zum Fetisch der postmodernen Gesellschaft geworden. Mit der Gleichheit ist es aber ein bisschen wie mit dem sagenhaften König Midas und seinem Wunsch, dass alles zu Gold werde, was er berührt: Der Wunsch geht in Erfüllung und siehe da, alles wird nach seinen Berührungen zu Gold - aber am Ende verhungert der König, weil sich natürlich auch seine Nahrung zu Gold verwandelt. Und davon kann man nicht leben.

 

Der Wunsch nach allumfassender Gleichheit hat ähnliche Folgen. Sie mag uns erstrebenswert erscheinen und vielen Schlechtweggekommenen wird sie wie Gold glänzen. Aber die Ideologen, die alle Unterschiede abschaffen wollen, geraten durch diesen Wunsch in eine Art unfreiwillige Midas-Rolle: Kaum ist etwas gleich geworden, muss schon das nächste Ding dem Gleichheitswahn zum Opfer fallen, weil jede Gleichheitsmaßnahme immer ein neues Bedürfnis nach Egalität erweckt. Somit kommen wir über das Streben nach bedingungsloser Gleichheit nie zum Ziel einer besseren Gesellschaft, sondern zerstören mit dem ständigen more of the same nur die Grundlagen des Bestehenden.

 

 

 

 

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Kommentare: 4
  • #1

    Daniel (Dienstag, 05 Juni 2018 19:11)

    Verba moriar. Et incipit bellum.

  • #2

    Karl Stinger (Mittwoch, 06 Juni 2018 00:31)

    Schon die alten Griechen hatten dafür den passenden Mythos, die Sage über den Räuber und Wegelagerer Prokrustes. Er zwang seine entführten Opfer, sich in ein bereitgestelltes Bett zu legen. Die Wenigen, die von Kopf bis Fuß genau hineinpassten, hatten Glück gehabt und wurden freigelassen. Waren sie zu groß, wurde der überstehende Teil der Beine abgesägt. Die Kleinen kamen auf die Streckbank bis sie ebenfalls exakt in das Bett passten.
    Soviel zur scheinheiligen Moral der Gleichheit und dem über den Köpfen unserer allerorts beliebten Marx-Meinungsmachern (MMM) jedweder politischen Couleur schwebenden Geist des Prokrustes.
    Soviel Ehr' hätte sich dieser dreckige Sadist im Traum nicht ausmalen können, er als geistiger Vater der noblen Frankfurter Schule und der 68er.

  • #3

    Wilhelm Scheidl (Mittwoch, 06 Juni 2018 09:33)

    Und vergessen wir nicht, dass hinter dieser gegen die Natur gerichtete Gleichheitsbewegung ein massenpsychogisch ausgeklügeltes System steckt: Die Erfinder und Profiteure dieses Systems wissen wie der Mensch tickt und wie er daher "geführt" werden kann. Die Gleichheits-Ideologie ist das Vehikel dafür.
    Die Mehrheit der Menschen hat keine Moral und die Wahrheit ist ihr egal und wird daher relativiert. Sie sieht nur ihren eigenen Vorteil, bestenfalls den ihrer Familien. Dieses System sorgt zum einen dafür, dass die Produktivkräfte immer stärker ausgepresst werden, und auf der anderen Seite die Zahl der Systemgünstlinge immer weiter ansteigt.
    Durch die wundersame Geldvermehrung konnte dieses Unrechtsystem immer wieder verlängert werden. Sein Ende ist jetzt sehr nahe und nicht mehr aufzuhalten.

  • #4

    Hans Reuter (Donnerstag, 14 Juni 2018 22:38)

    Das Gift der Dunkelwelten, wenn ich es mal so nennen darf, war immer schon das Verhältnis von Mann und Frau zu zerstören. Die Gleichmacherei geht so weit, dass man schon die Geschlechter aufheben will oder noch ein paar neue erfindet. Mann und Frau sind verschiedene Wesen welche sich in ihrer Andersartigkeit ergänzen sollen. Der ganze Gender Wahn dient aber dem Gegenteil. Mann und Frau werden in ein gegenseitiges Konkurrenzverhältnis gesetzt. Also kein miteinander mehr sondern ein gegeneinander. Typisch weibliche Eigenschaften wie Zartheit, Lieblichkeit, ein vermittelndes Wesen, Intuition usw. gehen verloren. Umgekehrt wird bei den Männern versucht diese zu feminisieren. Das Spannungsverhältnis wird demontiert. Diese Vergiftung des Verhältnisses von Mann und Frau finden Sie auch in den meisten "Religionen".